DPA
23.10.2014
«Tief verwurzelt» - Karstadt-Schließung wäre Schlag für Bremerhaven
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23.10.2014
Der ältere Herr wartet vor Karstadt auf seine Frau. Sie guckt in der Bettenabteilung nach neuen Bezügen, er selbst ruht sich auf einer Bank aus. «Wir sind bewusst hierhergekommen, um Karstadt zu unterstützen. Erst wenn wir hier nicht das Passende finden, gehen wir ins Fachgeschäft», sagt der 77-Jährige.
Seit Jahren schwebt das Damoklesschwert über der Bremerhavener Filiale, wie über viele andere auch. Nicht erst seit dem Einstieg des neuen Eigentümers René Benko bei Karstadt ist klar, dass es zu tiefen Einschnitten im Filialnetz kommen wird. Eine Schließung des Geschäfts in Bremerhaven wäre ein «Tiefschlag» für die Stadt, sagt der ältere Herr vor Karstadt. «Wir haben kein anderes Kaufhaus hier.»
Lange hatte Bremerhaven mit hoher Arbeitslosigkeit und Kinderarmut Schlagzeilen gemacht. Die Stadt hat mit vielfältigen Investitionen gegengesteuert. Der Hafen, der Tourismus und die Offshore-Industrie brachten neue Arbeitsplätze. Sogar der Bevölkerungsrückgang ist seit zwei Jahren gestoppt.
«Stadtbild und Image haben sich in den letzten Jahren sehr positiv verändert», sagt Uwe Kiupel, Leiter des Standortmarketings der Wirtschaftsförderung BIS. 330 Millionen Euro wurden nach Angaben der BIS investiert, um Bremerhaven attraktiver zu machen: Die Fußgängerzone wurde saniert. Am Alten und Neuen Hafen entstanden das Einkaufszentrum «Mediterraneo», das Klimahaus, ein Luxushotel, das Deutsche Auswandererhaus.
Eine gläserne Fußgängerbrücke verbindet das Hafenareal mit der Einkaufspassage «Columbus Center» in der Innenstadt. «Wir haben die Innenstadt völlig neu gestaltet», resümiert Oberbürgermeister Grantz. Die Karstadt-Immobilie fällt da augenscheinlich aus dem Rahmen.
«Eine Schließung wäre für die Stadt eine Katastrophe», sagt Ver.di-Gewerkschaftssekretär Heinz-Herbert Grabowski, der die knapp 90 Karstadt-Beschäftigten in Bremerhaven betreut. Karstadt sei einer der Eckpfeiler des «Columbus Centers» in der Innenstadt. Falle dieser Eckpfeiler weg, kämen auch weniger Kunden in die anderen Geschäfte. Warum ausgerechnet Bremerhaven auf der roten Liste steht, kann er nicht nachvollziehen. «Die Standort gehört zu den wirtschaftlich erfolgreichsten im Unternehmen.»
Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) setzt deshalb auch darauf, dass die Filiale erhalten bleibt. «Karstadt ist tief verwurzelt in der Bevölkerung», sagt er. Wenn Karstadt sich aber für den Standort entscheide, dürfe es kein «Weiter so» geben. «Karstadt investiert seit 15 bis 20 Jahren nichts mehr in das Haus. Das ist schlecht für die Arbeitsplätze und für die städtebauliche Entwicklung», sagt Grantz.
Vor Karstadt in der Fußgängerzone stehen ein paar Marktstände. Die Fischverkäuferin befürchtet Schlimmes, wenn Karstadt schließen würde. «Dann wäre es nicht mehr so belebt hier.» Dadurch würde sie vermutlich viele Kunden verlieren. Auch Karstadt-Verkäuferinnen holen sich bei ihr in der Mittagspause regelmäßig ein Fischbrötchen.
Die Ehefrau des 77-Jährigen ist aus der Bettenabteilung zurück. «Wenn Karstadt schließt, dass wäre ganz schlimm», sagt die 76-Jährige. Ein solch breites Sortiment habe sonst niemand. Dieses Mal hat sie aber nicht das Richtige gefunden. «Jetzt fahren wir ins Fachgeschäft», sagt sie sichtlich bedauernd. Sie hätte gerne bei Karstadt gekauft, um die Filiale zu unterstützen. «Wir hoffen, dass sie hier bleibt.»
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