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15.12.2010
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Deutscher Luxus aus dem Traumstrandland
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15.12.2010
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Bizerte (dpa) - Unscheinbar ist das richtige Wort. Kein schmuckes Eingangstor, keine edle Fassade und kein protziges Schild weisen darauf hin, dass mitten in der tunesischen Hafenstadt Bizerte deutsche Luxusware gefertigt wird. Hunderte Beschäftigte nähen hier in etwas tristen, aber hochmodern ausgestatteten Produktionshallen Hemden, Krawatten und Blusen für das nordrhein-westfälische Textilunternehmen van Laack. Sie hängen wenig später im Londoner Luxuskaufhaus Harrods oder in eigenen Boutiquen wie an der Madison Avenue in New York.
Boutique Van Laack |
Die Edelmarke van Laack ist eine von vielen, die auf die Standortvorteile des nordafrikanischen Landes setzt. Auch Unternehmen wie Calvin Klein, Lacoste oder Yves Saint Laurent lassen am Südufer des Mittelmeers produzieren - trotz der Billiglohn-Konkurrenz aus Ländern wie China, Bangladesch oder Pakistan. Die Frage nach dem Warum beantwortet van-Laack-Geschäftsführer Ferdinand Terburg eindeutig: «Die politische und soziale Stabilität und die Steuervorteile machen Tunesien für viele Unternehmen zu einem idealen Standort», sagt der 63 Jahre alte Manager. Der Niederländer baute vor 36 Jahren für den deutschen Hemdenhersteller die Produktion in Tunesien auf. Heute beschäftigt das Unternehmen aus Mönchengladbach rund 700 Menschen im Land, auch ein eigenes Ausbildungszentrum gibt es.
Die gute Infrastruktur und das moderate Lohnniveau haben zahlreiche deutsche Unternehmen bewogen, sich in dem nordafrikanischem Land niederzulassen, auch Automobilzulieferer, aber in erster Linie Textilunternehmen. van Laack plant bereits eine fünfte Produktionsstätte in Bizerte. Erneut soll ein siebenstelliger Eurobetrag investiert werden. Aus den Fenstern des ältesten Gebäude des Unternehmens blicken die Näherinnen direkt aufs Mittelmeer. Von 7.00 bis 16.15 Uhr während der Woche und bis 12.45 am Samstag wird an Dutzenden surrenden Nähmaschinen, Zuschneidetischen und Bügelbrettern gearbeitet. Jede Bügelfalte und jede Naht muss sitzen, an etlichen Stellen wird die Nadel noch von Hand geführt.
«Bei den Lohnkosten kann Tunesien nicht mehr mit den asiatischen Staaten mithalten. Hier können Unternehmen aber höhere Qualität bieten, sind flexibler und können kleinere Mengen liefern», erklärt Dagmar Ossenbrink von der Deutsch-Tunesischen Industrie- und Handelskammer in Tunis. Zudem seien viele Kosten langfristig kalkulierbar. Löhne und Gehälter werden mit den Gewerkschaften alle drei Jahre ausgehandelt. Die günstige Wechselkursentwicklung zwischen tunesischem Dinar und Euro führt dazu, dass die realen Lohnkosten zuletzt kaum gestiegen sind.
Für van Laack sind zudem die kurzen Lieferwege nach Europa wichtig. Neben Konfektionsware aus hochwertigen, meist italienischen Stoffen bietet das 1881 gegründete Unternehmen auch Hemden nach Maß an. Die gut betuchte Kundschaft erwartet, dass sie spätestens zwei Wochen nach der Bestellung geliefert werden. Rund 30 000 maßgeschneiderte Hemden werden mittlerweile pro Jahr in Tunesien genäht. van Laack läßt zudem auch in Asien produzieren.
Wenn ausländische Unternehmer die Standortvorteile von Tunesien loben, dann blenden sie allerdings häufig die oft kritisierte Menschenrechtslage aus. Dem Großteil der Bevölkerung geht es im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern zwar wirtschaftlich blendend, bei Demokratie, Presse- und Meinungsfreiheit gibt es aber große Defizite. Der bereits seit 1987 amtierende Präsident Zine El Abidine Ben Ali hat einen regelrechten Überwachungsstaat errichtet. Ihm ungenehme Internetseiten lässt er beispielsweise einfach blockieren. Dem Präsidentenclan wird zudem vorgeworfen, sich mit korrupten Machenschaften hemmungslos zu bereichern.
Ausländische Firmen werden von der Regierung wie Staatsgäste hofiert und großzügig unterstützt. Viele von ihnen halten sich an das in Tunesien verbreitete Motto: «Solange die Kasse stimmt - Klappe halten.»
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