Reuters
Aline Bonnefoy
26.07.2017
Streit mit Deutschland setzt türkische Textilbranche unter Druck
Reuters
Aline Bonnefoy
26.07.2017
Trotz der positiven Anzeichen für eine Trendwende im Außenhandel, sagten mehrere deutsche Käufer ihre Türkeireisen aufgrund der politischen Auseinandersetzung zwischen den beiden NATO-Mitgliedern ab, so Seref Fayat, Vorsitzender des türkischen Verbands für die Bekleidungsindustrie.
Das für 2016 gesteckte Exportziel von 17 Milliarden US-Dollar, das aufgrund des gescheiterten Militärputsches im vergangenen Juli bereits um eine Milliarde gekürzt werden musste, gerät dadurch ins Wanken.
Die Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland verschlechterten sich vor drei Wochen zudem noch mehr, nachdem die Türkei zehn Menschenrechtsaktivisten, darunter einen deutschen Staatsbürger, wegen angeblichen Terrorverdachts festnahm.
„Die Exporte litten bereits unter den Auswirkungen des Putschversuchs im vergangenen Jahr, die auch im ersten und zweiten Quartal des Jahres noch spürbar waren. Doch im Juli verbesserte sich die Situation und wir starteten vielversprechend in die zweite Jahreshälfte“, so Fayat.
„Leider sagten einige deutsche Unternehmen ihre jüngsten Türkeireisen ab. Deutschland ist der größte Exportmarkt für Konfektionskleidung und wir hoffen, dass die politische Auseinandersetzung diese positive Trendwende nicht wieder umkehrt“, erklärte Fayat der Nachrichtenagentur Reuters.
Der türkische Verband für die Bekleidungsindustrie vertritt rund 35.000 Mitglieder, in erster Linie kleine Unternehmen und Produktionsstätten. Knapp die Hälfte davon arbeitet exportorientiert. Die Bekleidungsexporte stellen den zweitgrößten Exportmarkt der Türkei – nach der Automobilindustrie. Fayat betonte, dass über 70 Prozent der türkischen Bekleidungsexporte in die EU geliefert werden, 2,5 Milliarden US-Dollar werden davon durch Deutschland umgesetzt.
In den ersten sechs Monaten des Jahres stiegen die türkischen Exporte gesamthaft um 8,2 Prozent, doch in der Sparte Bekleidung und Bekleidungszubehör wurde ein Rückgang um 5,8 Prozent auf 8,2 Milliarden US-Dollar verzeichnet.
In den vergangenen Tagen erhöhte Deutschland den Druck auf die Türkei und drohte mit Maßnahmen, die deutsche Unternehmensinvestitionen in der Türkei verhindern könnten. Außerdem sollen auch türkische Rüstungsprojekte auf den Prüfstand gestellt werden.
Ankara versucht sich in Schadensbegrenzung und ließ einen Antrag zur Untersuchung Hunderter deutscher Firmen fallen, die laut türkischen Behörden unter angeblichen Terrorverdacht stünden. Politiker in beiden Ländern üben darüberhinaus weiterhin scharfe Kritik aneinander.
„Wenn die erwartete Besserung mit unserem größten Abnehmer Deutschland nicht einsetzt, ist es unwahrscheinlich, dass wir unser Exportziel für dieses Jahr erreichen“, ist sich Fayat sicher.
Nach einem Referendum im April stieg der Umsatz in der Türkei wieder an, so Fayat und dürfte 2017 um rund 10 Prozent auf über 60 Milliarden Lira (USD 16,84 Milliarden) ansteigen.
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