01.10.2014
Webervogel präsentiert erste Haute-Couture-Gala mit handgewebten Stoffen
01.10.2014
Seit gerade vier Monaten rattern in Catherine Chalks jungem Textilunternehmen die Webstühle. Gegründet hat es die französische Unternehmerin Anfang Juni in einer ehemaligen Baumwollspinnerei im einst von Industrie dominertem Leipziger Stadtteil Plagwitz.
„Webervogel“ hat sie ihre sächsische Firma genannt. Am vergangenen Wochenende zeigte Chalk nun vor 300 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Design im Rahmen einer Gala die erste Webervogel-Kollektion handgewebter Stoffe und Entwürfe.
Bereits 15 Mitarbeiter beschäftigt Chalk dort, wo um 1840 noch eine lebendige Kammgarnspinnerei produzierte, die Leipzig lange Jahre zum wichtigen Standort der deutschen Textilwirtschaft machte. Doch als Chalk das „Westwerk“ 2013 erstmals besichtigte, waren dort nur mehr freischaffende Künstler ansässig, keine Modeschöpfer oder Weber. Das hat die Französin mit viel Elan und besten Kontakten zu europäischen Couture-Häusern schnell geändert.
"Wir nehmen einen historischen Faden wieder auf.“ Leipzig sei auf Grund seiner Tradition der perfekte Ort, um Textilien zu produzieren“, erklärt Chalk, die für das gesamte Designs selbst verantwortlich zeichnet. Mit handbetriebenen Webstühlen haben sie und ihre junges Team bei Webervogel bereits 200 hochwertige Entwürfe realisiert, unter anderem für internationale Modehäuser.
Namen will sie nicht nennen, das sei in der Branche bekanntlich verpönt. Nur Länder nennt Chalk: Frankreich, Italien, Spanien und Belgien. Es muss sich durchaus um namhafte Labels handeln, die Webervogel bereits beliefern darf.
„Wir sprechen hier von Haute Couture, da wird Wert auf Exklusivität und Handarbeit gelegt“, erklärt die Modeunternehmerin. Modern, exzentrisch und verwegen will sie das Webervogel-Design etablieren. Der Massenmarkt interessiert sie wenig. Die Endfünfzigerin will „hohe Qualität für exklusive Kunden“ bieten.
Einige Stoffe werden probehalber für selbst entworfene Jacken eingesetzt, aber Chalk denkt auch bereits über die Bekleidungsindustrie hinaus. Für ihre Stoffe sollen sich auch Innenarchitekten oder Raumausstatter mit hohem Anspruch interessieren. Sollten die Anfragen zu schnell steigen, will sie Aufträge an regionale Unternehmen weitergeben. An erster Stelle soll aber weiterhin die Handarbeit stehen.
Zehn Webstühle bestimmen in der alten Fabrikhalle bereits die Produktion. Zehn weitere sollen in diesem Jahr noch hinzukommen, wenn eine Zwischenwand entfernt und die Produktionshalle vergrößert worden ist. Dass Catherin Chalk damit ziemlich konkurrenzlos eine Nische besetzt, dürfte ihr großer Vorteil sein. Größere Handwebereien sind in den letzten Jahrzehnten laut des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie nahezu vom Markt verschwunden.
Die teure Manufakturarbeit fand lange kaum Abnehmer in Handel und Industrie. Dies könnte sich aber schnell ändern: Wo die Schattenseite des Fast-Fashion-Marktes immer dunkler werden, inländische Produktionen wieder gefragter werden und das gesamtgesellschaftliche Modebewusstsein steigt, könnte auch die Handweberei und somit Webervogel zu den Gewinnern gehören.
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