DPA
28.11.2016
"2017 wird ein gutes Jahr werden."
DPA
28.11.2016
Die Verbraucher sind in Kauflaune – davon profitiert der Handel. Dennoch rutschen in diesem Jahr gleich mehrere bekannte Textil- und Modeunternehmen in die Pleite. Was sind die Gründe?
Die Konjunktur läuft rund, die Zinsen sind niedrig – die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland sinkt insgesamt nach Angaben der Wirtschaftsauskunft Creditreform in diesem Jahr auf den tiefsten Stand seit 1999. Doch ausgerechnet 2016 trifft es die Textil- und Bekleidungsbranche hart. Bekannte Firmen wie der Modehersteller Steilmann, der Damenmode-Anbieter Zero oder die Textilketten Rudolf Wöhrl und SinnLeffers müssen den Gang zum Amtsgericht antreten.
Steigender Konsum
Dabei ist die Kauflust der Verbraucher groß. Vielen sitzt das Geld locker, denn Arbeitslosigkeit und Inflation sind niedrig. Aber die Konkurrenz durch den Onlinehandel wächst. Zudem machen internationale Ketten wie H&M und Textil-Discounter wie Primark oder KiK den Unternehmen das Leben schwer. "Es wird nach unserer Einschätzung auch in der Zukunft das eine oder andere Textilunternehmen geben, das in Schieflage gerät", sagt Kreditversicherer Euler Hermes voraus.
"Es ist ein schleichender Prozess, viele haben versucht, sich dagegen zu stemmen. Jetzt ist einer Reihe von Unternehmen die Luft ausgegangen", beschreibt Christoph Niering, Vorsitzender des Verbandes Insolvenzverwalter Deutschlands (VID), die Lage der Branche. Die Konkurrenz durch den Online-Handel wachse und die Markentreue der Verbraucher sinke. Der stationäre Handel komme aber nicht so schnell von den hohen Kosten für seine Filialen herunter. "Sich von Mietverträgen und Personal zu trennen, kostet zunächst erstmal Geld, was viele nicht mehr haben", sagt Insolvenzverwalter Niering.
Der Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels schätzt, dass 2015 rund acht Prozent mehr Bekleidung und Textilien über das Internet verkauft wurden als im Jahr davor. Den Online-Anteil am Gesamtumsatz von 62 Milliarden Euro mit Bekleidung sowie Haus- und Heimtextilien beziffert der Verband auf mittlerweile knapp 20 Prozent. Der stationäre Handel zählt aus Nierings Sicht auch im kommenden Jahr zu den gefährdeten Branchen.
Ausblick 2017
Insgesamt ist die Finanzierungssituation der Firmen Creditreform zufolge derzeit aber gut. Das gelte sowohl für die Aufnahme von Krediten, als auch für die Ausstattung von Unternehmen mit Eigenkapital und Liquidität. Bei steigenden Zinsen könnte es für manches Unternehmen, das auf neue Kredite oder eine Anschlussfinanzierung angewiesen ist, allerdings eng werden.
Trotzdem gibt das Creditreform einen positiven Ausblick für 2017 und einen weiteren Rückgang der Firmeninsolvenzen auf 20 000 bis 21 000 Fälle voraus. In diesem Jahr geht die Wirtschaftsauskunftei von 21 700 Firmenzusammenbrüchen aus.
"Die gute Entwicklung wird sich fortsetzen", sagt Creditreform-Hauptgeschäftsführer Volker Ulbricht. Belastungen durch das Brexit-Votum oder die Schwäche des Welthandels würden sich erst längerfristig bemerkbar machen. "2017 wird ein gutes Jahr werden", fügt er hinzu.
Copyright © 2024 Dpa GmbH