Andrea Rosso (Diesel) über die nachhaltige Zukunft des Unternehmens
Am Montag veröffentlichte die OTB-Gruppe ihren Nachhaltigkeitsbericht 2022, in dem das Haus seine Umweltschutzbemühungen detailliert. Zur Gruppe zählen die Marken Diesel, Jil Sander, Maison Margiela, Marni und Viktor & Rolf.

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass 52 Prozent der Energie, die Diesel rund um den Globus für interne Betriebsabläufe verwendet, aus erneuerbaren Quellen stammen. Das entspricht einem Anstieg um 11 Prozent im Vergleich zu 2021.
Weiter unterstützte Diesel in seiner Lieferkette 65 Zulieferer über das konzerneigene C.A.S.H.-Programm. Insgesamt wurden 2022 in diesem Rahmen Zahlungen in Höhe von über 450 Millionen Euro getätigt.
Die Konzernstiftung OTB Foundation wiederum unterstützte 350 soziale Entwicklungsprojekte, die direkte Auswirkungen auf das Leben von mehr als 350 000 Menschen weltweit haben. Zudem nahm sie 440 Flüchtlinge aus der Ukraine auf und stellte über 550 000 Euro für ein Projekt bereit, das sich für Frauenförderung stark macht.
Das Unternehmen erweitert auch sein Engagement im Produktionsprozess. Ab 2023 sollen 60 Prozent der in den Denimkollektionen des Hauses verwendeten Stoffe und Veredlungsprozesse geringere Umweltauswirkungen haben. Ein bedeutender Schritt für ein so großes Unternehmen.
Diesel befasst sich seit geraumer Zeit intensiv mit dem Themenbereich Nachhaltigkeit. In Tunesien beispielsweise hat das Unternehmen 7500 kg Textilabfälle aus seinen Jeansfabriken vor Ort eingesammelt, sortiert und Recycling-Anlagen zugeführt. Die Marke setzt sich als neues Ziel, 28 000 Paar Jeans anzubieten, die aus mindestens 20 Prozent Recyclingfasern aus solchen Textilabfällen bestehen.
Wir haben in einer Zoomkonferenz mit dem Nachhaltigkeitsbotschafter der Marke, Andrea Rosso, gesprochen. Der Sohn von Diesel-Gründer Renzo Rosso gab uns einen Einblick in die nachhaltige Zukunft des berühmten Jeanslabels.
FashionNetwork.com: Diesel legt viel Wert auf Produkte, die geringere Umweltauswirkungen haben. Was bedeutet das genau?
Andrea Rosso: Alle Unternehmen sollten die von ihnen hergestellten Produkte genau kennen. Bei Diesel besteht unsere Produktion zu 81 Prozent aus Baumwolle. Der Baumwollanbau erfordert viel Wasser, wie auch die chemische Nachbehandlung – die Wasch-, Druck- und Färbeprozesse. Auch der mechanische Alterungsprozess verbraucht viel Wasser. Somit steht dies im Mittelpunkt unserer Verantwortung – mit besonderem Fokus auf Baumwolle. Unser Kerngeschäft, das sind T-Shirts und Denim. Es geht also darum, das Anbauverfahren und den Weg zu den Kunden zu verändern. Zum Vergleich: Polyester macht nur 10 Prozent unseres Rohmaterials aus und Leder gerade einmal 0,25 Prozent.
FNW: Wo haben Sie neue Zulieferer für Bio- und Recyclingbaumwolle bzw. Baumwolle aus erneuerbaren Quellen gefunden?
AR: Man muss stets berücksichtigen, wie Baumwolle hergestellt wird. Alle Schritte müssen kontrolliert werden, vom Schnittmuster bis zum Produktionszyklus. In Tunesien, wo wir viel arbeiten, können wir die Nachhaltigkeit mit den Zulieferern kontrollieren. Somit liegen die Herausforderungen bei der Überprüfung der Zulieferer im südlichen Pazifik und in Asien. Deshalb haben wir mit jedem Produktionspartner einen Verhaltenscodex unterzeichnet. Im vergangenen Monat war ich in Bangladesch und war beeindruckt, dass der Codex an den Fabrikwänden hängte – als Zeichen der Einhaltung unserer Vorgaben.
FNW: Wie viele andere Marken verwenden Sie Tencel, Lyocell, Modal und Refibra, oft zellulosebasiert, sowie auch weniger anspruchsvolle Kulturen wie Hanf. Woher beziehen Sie diese Stoffe?
AR: Man muss sich bewusst sein, dass der größte Unterschied zwischen synthetischen und künstlichen Fasern besteht. Zellulose wird aus Zellstoff hergestellt – aus der mechanischen Zerfaserung von Holz – zunächst wird es flüssig, dann zu Garn und dann Stoff. Das Ergebnis ist glänzend und leicht, ein langes Garn, eine lange Faser. Heute macht Zellulose nur 3 Prozent unseres Bedarfs aus. Aber sie hilft beim Baumwollrecycling, da sie den Stoff stärkt und geschmeidig macht.

FNW: Viele Marken verkünden, wie viele Informationen sie auf ihre QR- Code-Labels zur Verfügung stellen. Was steckt heute in den QR-Codes von Diesel?
AR: Ich sehe das gerne so: Stellen Sie sich vor, Sie gehen in die USA, da gibt es eine grüne Linie und eine rote Linie. Der QR-Code entspricht der grünen Linie. Alle Zutaten, um ein Produkt nachhaltig zu machen. Es ist eine Baumwolldeklaration für den Zoll. Mit drei Aspekten – Verarbeitung, Stoff und Faser, Produktion. Die Fabriken haben wir noch nicht angegeben, aber das kommt bald.
FNW: Wie viel Wasser verbraucht Diesel pro Jahr?
AR: Das sollten alle Journalisten fragen! Ganz ehrlich gesagt, kann das nur schwer quantifiziert werden. Wir wissen, dass die Herstellung eines Jeanspaars Tausende Liter Wasser benötigen kann, aber das ist sehr schwer zu berechnen. Wir haben uns vorgenommen, den für die Herstellung eines Kleidungsstücks erforderlichen Wasserbedarf zu ermitteln, aber es ist wirklich schwierig, das genau zu wissen. Doch wir möchten genaue Angaben liefern können.
FNW: Sie überblickten die Entwicklung des Diesel-Konzepts 55DSL. Wie steht es um dieses Projekt?
AR: Ich war von 1996 bis 2014 Kreativdirektor. Es war eine Upcycling-Kollektion, bevor Nachhaltigkeit überhaupt ein Thema wurde. Wir haben 5055 Kleidungsstücke aus totem Inventar und Produktmustern hergestellt. Kein Rohmaterial, somit auch kein Wasser – aber wir haben gemerkt, dass es sehr teuer ist, Kleider auseinanderzunehmen.
FNW: Wie funktioniert Diesel Second Hand? Welchen Anteil der Geschäftstätigkeit kann dieses Standbein in Zukunft ausmachen?
AR: Diesel Second Hand ist in Italien angesiedelt, doch erfolgt der Vertrieb in ganz Europa. Ein fantastisches Projekt und großartig für Vintage-Dieselfans, die Original-Stücke kaufen können. Der Rahmen ist klein, aber es ist ein wichtiges Projekt. Wir nutzen nun unsere eigenen Abfälle aus unserem Produktionskreislauf. Alle Abfälle werden in Containern gesammelt und wieder zu Garn verarbeitet. Unser Ziel ist es, 20 Prozent unserer Stoffe aus Recyclingbaumwolle herzustellen.
FNW: Was können Sie uns über Diesel Rehab Denim erzählen?
AR: Diese Kollektion stützt sich auf die Dry Indigo®-Technologie, die den Wasser-, Energie- und Stromverbrauch im Färbeprozess drastisch reduziert. Die Technologie wurde von unserem großartigen spanischen Partner Tejidos Royo entwickelt. Anstatt der üblichen acht oder neun Fässer Wasser und Farbstoff braucht es mit Dry Indigo nur einen Durchgang, um die Fasern blau zu färben. Wirklich bemerkenswert.
FNW: In Tunesien, wo auch Sie sehr aktiv sind, fallen jährlich 31 000 Tonnen Textilabfälle an. Wie steht es um Ihre Zusammenarbeit mit Swift in Tunesien?
AR: Wir arbeiten in Tunesien mit unserem Partner Swift zusammen, um unsere Abfälle mechanisch zu regenerieren. Es ist ein wirklich winziger Anteil, aber das ist genau der schwierige Teil – unsere Partner davon zu überzeugen, etwas zu ändern. Aber da unsere Kunden entschieden sind, diese Produkte zu kaufen, müssen wir uns ganz für dieses Pilotprojekt einsetzen.
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