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29.05.2009
Angst in der Modeszene: Luxus am Ende?
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29.05.2009
Paris (dpa) - Weniger Champagner-Orgien, leere Designertempel und Entlassungen bei Chanel: In der Welt der Reichen und Schönen zeigen sich immer deutlicher die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise.
Modenschau Chanel - Foto : PixelFormula |
Überraschend kommt die dramatische Zuspitzung der Situation in der Modebranche nicht. Mit den sündhaft aufwendigen Haute-Couture-Roben war noch nie viel Geld zu verdienen. Nun lässt die Finanzkrise auch bei vielen Prêt-à-porter-Kundinnen das schlechte Gewissen aufkommen - vor allem bei Dingen, die protzig sind oder schon nach einer Saison wieder out. «Sie bekommen im Luxusbereich kein Sommerkleid unter 1500 Euro und keine Schuhe für unter 400 Euro. Das machen viele einfach nicht mehr mit», sagt Sabine Spieler, Branchenexpertin des Fachblatts TextilWirtschaft. «Die Häuser müssen auf den Boden der Tatsachen zurückkommen.»
Zumindest bei einem Teil der Unternehmen ist die Botschaft angekommen. «Wir müssen tatsächlich etwas anbieten, das in sich stimmig und von Dauer ist», sagt François-Henri Pinault, als Chef des Luxusgüterkonzerns PPR Herrscher über Marken wie Gucci, Bottega Veneta, Yves Saint Laurent. Lediglich in den Schwellenländern gelte der Luxus noch als Zeichen, es geschafft zu haben. In der Branche wird unterdessen berichtet, dass der Absatz deutlich zurückgegangen ist. Viele Boutiquen wissen sich nur noch mit drastischen Preisnachlässen zu helfen - oft bereits vor den offiziellen Schlussverkäufen.
Im Hause des Modeschöpfers Christian Lacroix (58) könnte es für Rabatte zu spät sein. Dort wird mittlerweile darum gestritten, wer an der Misere Schuld hat. Lacroix selbst ist nur Angestellter und wirft den Eignern eine undurchsichtige, Unruhe stiftende und katastrophale Geschäftsführung vor. Diese wiederum sieht die Finanzkrise als Ursache der Situation. Kenner halten noch einen anderen Grund für möglich: «Die Kollektionen waren nicht mehr ganz im Geiste der Zeit», sagt eine Pariser Modeexpertin. Dazu habe das Unternehmen kaum echte Gewinnbringer. «Dior und Chanel profitieren in der Krise davon, dass sie viele Lippenstifte verkaufen.»
Als zwei der wenigen, die in der Krise relativ gelassen bleiben, gelten Modeschöpfer Karl Lagerfeld (70) und Diesel-Chef Renzo Rosso (53). «Ich sehe das Ganze wie ein gesundes Abführmittel», sagte der in Paris lebende Lagerfeld dem Online-Portal gala.de. Diesel-Chef Rosso präzisierte im «SZ-Magazin»: «Der Markt war zu voll. Jetzt wird aufgeräumt. Ich hoffe, dass 15 Prozent aller Firmen pleitegehen. Das wäre gut für uns alle, denn es gibt viel zu viel von allem da draußen. Zu viel, das keinen Sinn macht, das von gestern ist.»
Fans der Haute Couture werden angesichts der Situation bei Lacroix allerdings wehmütig. «Das ist mehr als nur ein Modehaus. Christian Lacroix ist wahnsinnig kunstsinnig», sagt eine Modekritikerin. «Das wäre schon traurig, wenn die verschwinden würden.»
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