Ann-Sofie Johansson (H&M): „Die Frauen haben einen leichteren und eher spielerischen Umgang mit der Mode“

Von

Anaïs Lerévérend

Veröffentlicht am
26.09.2013

Nicht viele haben einen so guten Einblick in die Maschinerie des Bekleidungsgiganten H&M wie sie. Ann-Sofie Johansson, Leiterin der Womenswear, hat im Interview auf FashionMags Fragen geantwortet. Sie sitzt außerdem an guter Stelle, um Beobachtungen zu aktuellen Modetrends zu geben.

FashionMag.com: Seit wann arbeiten Sie für H&M und was genau sind Ihre Aufgaben?

Ann-Sofie Johansson: Seit sehr langer Zeit bereits! Seit 1997! Ich habe in einer der Geschäfte in Stockholm angefangen, hatte dann verschiedene Stellen im Studio inne und bin letztlich seit fünf Jahren für das Design verantwortlich. Ich überschaue die Gesamtheit der Damenkollektionen, aber besonders setze ich mich für die Erarbeitung unserer Image-Kollektionen ein. Das sind die Kollektionen, die wir einige Monate bevor sie in die Läden kommen der Presse vorstellen, so wie diejenige, die wir vergangenen Februar in einem Defilee in Paris präsentierten. Es wäre übrigens toll, das in Zukunft noch einmal zu tun. Für die Marke war es im Ergebnis eine sehr positive Erfahrung, schon allein für die Tatsache, an der Fashion Week in Paris teilzunehmen.

FM: Diese Kollektion wird von langer Hand vorbereitet, aber wie viele Saisons übersehen Sie auf einmal?

ASJ: Bei H&M arbeiten wir an drei Kollektionen auf einmal! Die kreativste Kollektion braucht neun Monate, bevor sie im Laden hängt (die im Februar auf den Laufstegen präsentierten Stücke sind jetzt in den Geschäften), aber gleichzeitig arbeitet das Studio an Zwischensaisons wie der Swimwear beispielsweise. Auch die Basics bearbeiten wir vor der Hauptkollektion. Letztlich gibt es natürlich die rein mengenmäßig wichtigste Saison, nämlich die derzeit laufende. Insgesamt braucht es dafür 150 Designer. Eine große Maschinerie, die nicht einfach zu durchblicken ist – aber die funktioniert! Für das Design ist Kontinuität besonders wichtig.

FM: Wozu dienen dem Unternehmen die im Design anspruchsvolleren Kollektionen?

ASJ: Wir haben bemerkt, dass die Modewelt viel von H&M sprach, wenn wir mit Designern zusammen gearbeitet haben. Das war gegenüber den super Designern, die bei uns arbeiten, nicht ganz fair – ihre Arbeit wollten wir bekannter machen, denn das H&M Studio kann modisch sehr anspruchsvolle Kollektionen entwerfen. Und im Laden bleiben die Produkte trotzdem erschwinglich – etwas teurer als die Hauptkollektion, aber immer noch im Einklang mit der Preisklasse und Grundidee des Unternehmens.

FM: Haben Frauen und Jugendliche heute Ihrer Meinung nach einen anderen Zugang zu Kleidung und Mode?

ASJ: Mode ist eine Frage der Einstellung geworden. Die Trends selbst ändern sich eher langsam. Skinny Silhouetten beispielsweise sind jetzt sehr beliebt und das wird sich auch nicht von heute auf morgen ändern. Die Kundinnen amüsieren sich aber mehr mit der Mode. Sie haben einen leichteren und spielerischen Umgang, sind weniger formell und mögen kleine Missstimmungen und Widersprüche in ihren Looks. Das Spiel mit Drucken beispielsweise ist eher neu, denn die Heranwachsenden sind noch mehr von Stilmixen begeistert. Coolness und diese „effortless“ Herangehensweise werden mit der neuen Generation mit Sicherheit bleiben.

FM: Glauben Sie, dass die Idee der Fast Fashion hinsichtlich des Verbraucherverhaltens in Zukunft bestehen bleiben kann? Die Problematik bei der Produktion wie aktuell in Bangladesch – hat das Ihrer Meinung nach einen Einfluss?

ASJ: Ja, das Geschäftsmodell von H&M ist mehr als beständig, seit den vierziger Jahren bereits! Günstige Mode wird immer gebraucht. Wir müssen jetzt jedoch aufpassen, denn die Konkurrenz ist sehr stark. Wir müssen sehr aufmerksam sein und uns anpassen können. Besonders müssen wir Verantwortung übernehmen, was Themen wie Bangladesch angeht. Unser CEO ist selbst zum Premierminister gereist um sich für Gehaltserhöhungen einzusetzen. Ein Teil unserer Kunden verfolgt diese Problematik genau und erwartet, dass wir Stellung beziehen.