Bruno Joly
03.04.2013
Bin Xu: "Der rationale Verbraucher ist in China angekommen"
Bruno Joly
03.04.2013
Bin Xu ist Vizepräsident der Abteilung Fashion Development bei der großen bereits 1878 gegründeten chinesischen Holding Shangtex. 2011 machte der Konzern einen Umsatz von 43 Milliarden RMB (ca. 5 Milliarden Euro). Die zum Unternehmen gehörende Marke Proliven, die sich auf der Pekinger Modemesse Chic präsentierte, war 2009 in großem Stil modernisiert worden.
FashionMag.com: Wie hat sich der Modemarkt in China entwickelt?
Bin Xu: Seit 1990 hat sich die Entwicklung in drei Bewegungen oder Etappen vollzogen. Am Anfang, so ungefähr zehn Jahre lang, haben die Verbraucher vor allem auf ausländische Marken geschaut. Egal wie das Produkt daherkam, Hauptsache es hatte einen englischen oder internationalen Namen. Im zweiten Schritt haben die Verbraucher gelernt gute von schlechten Kollektionen zu unterscheiden. Sie erkannten natürlich im Luxussegment Gucci und Chanel, aber sie sahen auch die Unterschiede bei den erschwinglicheren Marken. Und heute sind wir beim rationalen Verbraucher angekommen. Die Leute haben ein Gefühl für Lifestyle und Schnitte entwickelt, wo sie vorher nur den Trends und großen Marken folgten.
FM: Die Abfolge dieser Entwicklungsschritte ging in China sehr schnell?
BX: Ja, in nicht mehr als 20 Jahren. Ende der 1980er Jahre, Anfang der 1990er waren die Vorstellungen relativ begrenzt. Nach Reformen hatte die Bevölkerung dann Kontakt mit entfernteren Ländern und Zugang zu deren Mode. Den überlegten Verbraucher gibt es seit 3 bis 5 Jahren.
FM:Trotzdem sind Sie was den Markt angeht Pessimist?
BX: Diese berühmte dritte Etappe hat sich nur in den Großstädten vollzogen, in Peking, Shenzhen, Shanghai und Guangzhou. Wir haben aber 6000 bis 7000 Städte in China. Die mittelgroßen und kleineren Städte befinden sich noch in der zweiten Phase der vorher beschriebenen Bewegung.
FM:Diese Bewegung entspricht auch der Stärkung der chinesischen Marken?
BX: Im Laufe der vergangenen Jahre haben sich die originär chinesischen Marken sehr schnell entwickelt. Innerhalb von zehn Jahren haben sie was Stoffe, Design und Produktion angeht mehr und mehr mit anderen Ländern kooperiert. Auch nicht zu vernachlässigen sind die chinesischen Studenten, die im Ausland studieren und dann zum Arbeiten hierher zurückkommen. Wir sind hier stark, unsere Marken haben Potential. Wenn Sie hier heute in ein Einkaufszentrum gehen, werden sie folgendes vorfinden: Die ausländischen Marken befinden sich in der ersten und zweiten Etage, die chinesischen Marken sind in der dritten und vierten Etage. Aber das wird sich ändern, ihr Anteil wird steigen. Nur das Luxussegment bleibt Französisch und Italienisch.
FM:Werden die Preise mit dieser Rationalisierung des Verbraucherverhaltens sinken?
BX: China ist ein großes, weites Land. Die Rationalisierung des Verbraucherverhaltens wird dauern. In den Großstädten werden die Verkäufe im Luxussegment vielleicht leicht sinken, aber nicht bei den Produkten von außergewöhnlicher Qualität.
FM: Gestern Abend wurde im Seminar für die internationalen Aussteller der Chic eine Zahl von 8000 chinesischen Marken im Bereich der Konsumgüter genannt…
BX: Many more ! (lacht). Aber viele der Marken werden nur regional vertrieben.
FM:Welche Stadt ist Ihrer Meinung nach die Modestadt Chinas?
BX: Ich glaube Shanghai ist die Modehauptstadt des Landes, weil sie schon sehr früh offen war für alle möglichen Einflüsse. Hier wurden zum Beispiel schon sehr früh amerikanische Filme ausgestrahlt. Peking bleibt das kulturelle und politische Zentrum.
FM: Und wann wird Ihre Marke Proliven exportiert?
BX: Wir arbeiten daran, ich denke 2014. Wir hatten 2005 in Düsseldorf ausgestellt, aber das war zu früh.
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