Brexit-bedingte Abreise von EU-Bürgern könnte Inflation in Großbritannien anfeuern
Für den britischen Handelsverband British Retail Consortium (BRC) birgt die Brexit-bedingte Abreise von EU-Bürgern aus Großbritannien die Gefahr einer massiven Inflation. Weiter warnt der Verband nach dem Austritt des Landes aus der EU vor einem drohenden akuten Personalmangel.
Der BRC befragte seine Mitglieder zur Situation in ihren Unternehmen. Aus der Umfrage geht hervor, dass bei 22 Prozent der Befragten bereits Mitarbeitende nach Kontinentaleuropa abgereist sind, da ihr Aufenthalts- und Arbeitsstatus in Großbritannien nach dem Austritt des Landes aus der Europäischen Union im März 2019 unklar sei.
Sollte sich dieser Trend verstärken, könnte dies zu schwerwiegenden Marktstörungen führen. Weiter bedeutet es für Arbeitgeber, dass sie höhere Personalausgaben zu verkraften haben, da das Angebot an Arbeitskräften abnimmt.
Ein weiterer Sorgenpunkt, der jedoch nur selten angesprochen wird, ist, dass durch die Abreise einer großen Anzahl Arbeitnehmer und die Verkleinerung des Anteils nicht-britischer Einwohner auch der Umfang der konsumstarken Bevölkerung abnimmt.
Gegenwärtig sind rund 170.000 Personen aus anderen EU-Staaten in der britischen Einzelhandelsbranche tätig. Das sind 6 Prozent der Arbeitskräfte. Doch das Schadenspotenzial für Läden an zentralen Standorten in Großstädten – insbesondere der Londoner Innenstadt – ist bedeutend größer. Viele Luxus- und Modemarken beschäftigen einen hohen Anteil an mehrsprachigen Angestellten aus dem europäischen Ausland. Dieser Anteil lässt sich einerseits durch das Interesse dieser Personen an einer Anstellung bei solchen Unternehmen in London erklären und andererseits durch das Bedürfnis globaler Unternehmen für Verkaufsberater, die die Sprache ihrer Kunden sprechen.
Für BRC steht fest, dass sich eine Verstärkung dieses Trends nicht nur auf die Servicequalität in den Läden auswirken würde. Auch in Lagerhäusern und im Vertrieb arbeiten viele Mitarbeitende aus der EU. Dies könnte die Lieferungen an die Läden sowie den Onlinehandel beeinträchtigen.
Der Handelsverband fordert deshalb ein Immigrationssystem für die Zeit nach dem EU-Austritt, das beispielsweise die Anstellung von Hochschulabsolventen erleichtert. Weiter soll das System "nachfrageorientiert" sein und Arbeitskräfte je nach Branchenbedürfnissen aufnehmen.
Helen Dickinson, CEO des BRC, erklärte: "Die britische Entscheidung, die EU zu verlassen, hat zu Unsicherheit geführt, nicht nur für Unternehmen, sondern auch für ihre Arbeitnehmer aus der EU. Es handelt sich um wirkliche Menschen mit Familien, die sich in unserem Land eine Lebensgrundlage und ein Heim geschaffen haben. Es ist nicht in Ordnung, dass sie 16 Monate nach dem Referendum noch immer keine Gewissheit haben, ob sie ihr Leben hier weiterführen können. Aus unseren Daten ist ersichtlich, dass Verbraucher beim Einkaufen schon bald erste Auswirkungen zu spüren bekommen, wenn wir nicht die richtigen Maßnahmen ergreifen, damit Einzelhändler Arbeitnehmer anziehen, anstellen und binden können."
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