Chanel: Von Kamelienblüten und Knickerbocker
Coco Chanel hätte diese Show geliebt, war doch ihre Lieblingsblume – die Kamelie – auf so gut wie jedem einzelnen Look der Herbst-/Winterkollektion 2023/2024 von Virginie Viard, die das Modehaus am Dienstagmorgen enthüllte.
Bis hin zu zwei riesigen Kamelienbäumen aus Gips und Kunstharz, die sich über den Gästen in den zwei eigens für die Show eingerichteten Räumen erstrecken – wodurch der Laufsteg aus Vogelperspektive die Ziffer acht bildet.
Zur Eröffnung ein prächtiger Karomantel, mit darüber gestreuten Kamelien, wobei die Blüten auch auf einer weißen Matelassé-Clutch erscheinen. Kamelien wachsen am Kragen eines perfekten schwarzen Rohleder-Trenchcoats empor, ergießen sich über Spitzenblusen und scheinen schwarz-weißen Pullovern zu entwachsen oder Twinsets zu punktieren.
Die Stimmung war schwungvoll, schick, und ein Abbild französischer Eleganz. Vom schwarzen Lacklederanzug – mit kurzer Bolerojacke – bis hin zum knielangen Rock und dem Schriftzug 'Chanel' in Großbuchstaben auf grauen Wollbouclé-Jacken, kombiniert mit kniehohen Stiefeln mit Kamelienmuster. Stellenweise waren die Applikationen etwas übertrieben, gar entfernt farcenhaft, doch zumindest war die Botschaft klar.
Viele der Models trugen Knickerbocker. Die Idee wurde in den riesigen Videoprojektionen, die die Gäste im Eingangsbereich des Grand Palais Éphémère begrüßten, bereits angedeutet. In wundervollen Schwarz-Weiß-Bildern von Inez & Vinoodh wurde die japanische Schauspielerin Nana Komatsu auf verschiedenen Karussell-Holzpferden sitzend gezeigt. Das verlieh der ganzen Show einen britischen Reitsport-Einschlag.
“Ich wollte dieses Gefühl wie in einem Pferdestall für die Show. Nachdem ich die Steckenpferde sah, kam ich auf die Idee mit all den kurzen Hosen in der Show. Doch ehrlich gesagt geht es bei Chanel wirklich um Teamwork, von der Stoffsuche und Erstellung der Entwürfe bis zur Organisation der Show, zu Inez und Vinoodhs Fotoshooting", erklärte die angenehm bescheidene Kreativdesignerin hinter den Kulissen.
Im Innern war der Raum ganz schwarz und die Musik fühlte sich an wie in einem Technoclub mit großartigem DJ um 1 Uhr morgens. Soundarchitekt Michel Gaubert zauberte für die rasante Show den passenden musikalischen Hintergrund. Dafür überarbeitete er einen noch unveröffentlichten Track der irischen Sängerin Roisín Murphy und mischte ihn mit DJ Koze sowie French Kiss von Lil Louis.
Die Accessoires wurden von edlen Schmuckstücken geprägt – von goldenen Halsreifen mit Kamelienblüte in der Mitte, über Kamelienohrringe bis hin zu Broschen und Schließen. Für den Abend entwarf Viard allerlei elegante asymmetrische Hosen und Röcke, Tops aus Metallic-Seide und Spitze sowie mehrere Power Pop-Cocktailkleider mit knalligem Pink. "Ein bisschen etwas von London und der Stimmung vor Ort. London ist immer eine Inspiration für mich", sagte Viard.
Während Paris in den jüngsten Transportstreik versank, die U-Bahn geschlossen blieb und die Straßen dementsprechend hoffnungslos überfüllt waren, wurden Redakteure, Kritiker, Top-Kunden und Stars in einer riesigen Maybach- und Mercedes-Flotte an die Location gefahren. Und ein weiteres Beispiel dafür, dass sich Chanel deutlich von allen anderen Marken abhebt: Bei der Show war weit und breit kaum ein Influencer zu sehen.
Nach der Show wurde die Designerin mit Komplimenten von Charlotte Casiraghi und Patty Smith überhäuft, die die Show aus der ersten Reihe mitverfolgt hatten, an der Seite von Penelope Cruz, Zoe Saldana, Whitney Peak, Liu Wen, Caroline de Maigret und Seo Jun Park.
"Ich besuche nicht viele Shows, aber diese war etwas ganz Besonderes. Es gab so viel zu bewundern. Und mir gefielen die Haare eines Mädchens bei einem der Eröffnungslooks. Ich glaube, es wird Zeit, dass ich mir die Haare schneide", lachte Smith, während sie sich mit Viard zusammensetzte.
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