Coronavirus und Luxus: Entscheidungsträger blicken zuversichtlich in die Zukunft
In diesen ungewissen Zeiten zeugen die Umfrageergebnisse des Beratungsunternehmens MAD Network von einer großen Zuversicht und einer gesunden Portion Optimismus unter den Führungskräften der Luxusbranche. Mit dem Stimmungsbarometer fühlte MAD der Branche auf den Puls und versuchte, die Prioritäten der Unternehmen zu verstehen.
Das von Jean Révis und Delphine Vitry gegründete und geführte Beratungsunternehmen befragte Anfang Dezember 57 Führungskräfte der Luxusbranche – 55 Prozent davon waren Teil der Geschäftsleitung, 45 Prozent waren in der operativen Führung am Firmensitz oder in regionalen Ablegern von verschiedenen Luxusunternehmen tätig. Zunächst hatte MAD Network die Studie "Luxury Convalescence Fast Forwarding" veröffentlicht, die einen Zustandsbericht der Branche nach den Lockdowns lieferte. Nun präsentierte das Beratungsunternehmen den "Luxury Convalescence-Luxusbarometer", der im Drei- oder Viermonatsrhythmus aktualisiert werden soll.
Gemäß dieser ersten Barometer-Umfrage sind 49 Prozent der Befragten der Ansicht, dass sie 2021 zum Umsatzniveau von 2019 zurückkehren werden, für 69 Prozent ist dies spätestens 2022 der Fall. Nur 30 Prozent der Manager gehen davon aus, dass die Branche mehr als zwei Jahre braucht, um sich zu erholen. Diese Proportionen blieben durch alle Kategorien der Luxusbranche hindurch vergleichbar. Trotz der Coronakrise scheint sich die Luxusindustrie anders als etwa der Luftverkehr oder der Tourismus in wirtschaftlich schwierigen Zeiten immer besser behaupten zu können. Besser noch, 2020 werde nur "eine Anomalie der Geschichte mit zeitlich relativ eingeschränkten Auswirkungen" sein.
Natürlich bedeutet die für das kommende Jahr erwartete Erholung keine Rückkehr zur Welt von gestern. Die befragten Führungskräfte schätzen, dass das Wachstum der kommenden Quartale hauptsächlich durch drei Faktoren angetrieben wird: Eine bessere Kenntnis des Endkunden (62 Prozent), China und der lokale Konsum in China (60 Prozent) und neue Vertriebsstrategien (45 Prozent).
In diesem Zusammenhang ist mit einer "Beschleunigung der Investitionen in China mit der Eröffnung zahlreicher Läden" zu rechnen. "Der Einzelhandel und das Personal in Europa werden stark gestrafft", erklärt Thomas Mesmin, der an der Studie beteiligt war. "Angesichts der hohen Mieten einiger Läden in den traditionellen Hauptschlagadern des Luxus, die heute menschenleer sind, müssen schnell Entscheidungen getroffen werden. Die Häuser können nicht abwarten, um zu sehen, ob sich der Tourismus erholen wird", betont er weiter.
Auch im Vertrieb ist ein tiefgreifender Wandel im Gange, die Schranken zwischen der physischen und der digitalen Welt werden aufgehoben. Die sogenannten Remote Sales aus Lockdown-Zeiten sind ein hervorragendes Beispiel dafür. Es handelt sich um In-Store-Käufe, an denen der Kunde über das Web und Videos virtuell teilnimmt.
Obwohl die Teilnehmer sich insgesamt gut auf das Wachstum der lokalen Nachfrage in China vorbereitet fühlen (80 Prozent), scheinen sie in anderer Hinsicht weniger sicher zu sein, wie aus der MAD-Studie hervorging. Besonders bei Datenschutzfragen, der Sammlung und Verwendung von personenbezogenen Daten zeigt die Studie Schwachpunkte auf: Geschäftsführer in der Luxusbranche "fühlen sich hinsichtlich der Wertschöpfung über das Data Management (55 Prozent) und der Client Centricity (45 Prozent) weniger sicher", so die Studie.
Ein weiteres Fragezeichen setzen 37 Prozent der befragten Personen beim der anhaltenden Motivation ihrer Teams. In mehreren Fällen machte sich besonders nach der Schließung bestimmter Stores eine moralische oder psychologische Niedergeschlagenheit unter den Angestellten breit, auf die die Führungsetage nicht immer eine passende Antwort zu bieten hatte.
Mit Blick auf die Beschleunigung der Investments in den kommenden 18 Monaten zeichneten sich fünf starke Schwerpunkte ab: Onlinehandel (86 Prozent), digitale Kommunikation (74 Prozent), Client Relationship Management (61 Prozent), Einzelhandel in China (57 Prozent) und Kundenerfahrung (53 Prozent).
"Diese Top 5 war keine große Überraschung, sie passt zu einer digitaleren Vision der Luxuswelt in Nach-Corona-Zeiten, die stärker auf den Kunden ausgerichtet ist und vom chinesischen Markt abhängt", so der Bericht abschließend. Drei Investment-Schwerpunkte stießen hingegen auf ein geringeres Interesse, "so ist mit einem Rückgang der Investitionen im europäischen Einzelhandel, aber auch in den USA und im Großhandel zu rechnen".
Es profiliert sich eine Kluft, die noch größer werden dürfte, zwischen den Akteuren, die weiter investieren werden – besonders Großkonzerne mit robuster Finanzbasis, die auf Größenvorteile und ihr Verhandlungsgewicht setzen können – und diejenigen, die keine Investitionen tätigen werden. "In den kommenden Jahresabschlüssen werden wir auf der einen Seite durchschnittliche Wachstumswerte von +15 Prozent und auf der anderen Seite Einbrüche um -20 Prozent haben", prognostiziert Thomas Mesmin.
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