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23.11.2016
Das Design Museum in Kensington meldet sich zurück
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23.11.2016
Eine "Kathedrale für Design" öffnet in London. Das neue Museum soll so berühmt werden wie die Kunstgalerie Tate Modern, hoffen die Betreiber.

Am Thema Brexit geht im öffentlichen, politischen und kulturellen Leben in Großbritannien derzeit nichts vorbei. Auch das neue Museum für Design und Architektur, das am 24. November in London eröffnet wird, betont den kontinental-europäischen Einfluss. "Wir verdanken unseren heutigen Lebensstil weitgehend der europäischen Kooperation und Tradition", sagte Jordan Lewis vom Design-Museum.
Das neue Design-Museum, im schicken westlichen Stadtteil Kensington, ist denn auch eine Verbeugung vor Terence Conran, der in den 1960er Jahren mit der Gründung seiner Habitat-Kette die Funktionalität und Erschwinglichkeit von modernem Design revolutionierte. Der heute 85-jährige Designer und Geschäftsmann bezeichnet das von ihm wesentlich mitfinanzierte Museum als eine "Kathedrale für Design". Museumsdirektor Deyan Sudjic spricht vom Tate-Effekt. "Wir hoffen, für Design das zu erreichen, was die Tate Modern für Gegenwartskunst getan hat", sagte er vor der Eröffnung.
Das Konzept soll nach dem Wunsch der Planer durch eine perfekte Fusion von Architektur, Inhalt und Design aufgehen. Für Umbaukosten von rund 83 Millionen Pfund fand das weitgehend privat finanzierte Museum im ehemaligen Commonwealth-Institut seine neue Heimat. Nur die äußere Hülle und das hyperbolisch-paraboloide Dach des 60er-Jahre-Baus blieb erhalten. Innen ist die Ausstattung minimalistisch-radikal. Der Besucher betritt ein riesiges, holzgetäfeltes Atrium, von dem sein Blick etagenweise nach oben geleitet wird, über seitliche Treppen bis hin zu den Ausstellungsräumen und schließlich – das Dach.
Auf einer Fläche von 10.000 Quadratmetern stellt das Museum rund 3.000 Objekte zur Schau. Der Eintritt ist frei – nur für die jährlichen zwei Wechselausstellungen muss bezahlt werden. Cafés und Restaurants laden zum Verweilen ein. Archiv, Workshops, Auditorium und Künstlerstudios gehören zum Bildungsprogramm. "Wir wollen eine Oase der Ruhe sein", erklärt Lewis das reduzierte Konzept. Ziel sei es, durch klare Linien, Transparenz und Interaktion die Relevanz von Design für die heutige Zeit deutlich zu machen. Im Mittelpunkt stehen dabei weniger die Exponate als das Bestreben, über Design die Zusammenhänge, Probleme und Grenzen technologischer Entwicklungen aufzuzeigen und damit die "Welt um uns herum zu verstehen und zu verändern", so Lewis. "Wir wollen ein Museum für Ideen, und nicht für Sachen sein."

Innovation oder Idee
An Ideen mangelt es in dem neuen Museum nicht, und auch nicht an Exponaten. Ein Fahrradhelm mit Bremslichtern, der Plan für ein Radfahrnetz über Bahngleisen, eine Drohne, der U-Bahnzug der Zukunft und ein Model T Ford zählen dazu. Die Frankfurter Einbauküche von 1926 fehlt nicht und ein AK-47-Gewehr soll demonstrieren, dass gutes Design auch «schädliche Zwecke» haben kann. Die Eröffnungsausstellung «Fear and Love» (Angst und Liebe) stellt Fragen zu Vorteil, Wirkung, Grenzen und Folgen der technischen Evolution. Der Besucher kann mit dem Industrieroboter "Mimus" kommunizieren oder eine Kunstinstallation bunter Wollkegel aus 1.000 in den Müll geworfenen Pullovern bestaunen.
Nachdenklich macht die Installation "Pan-europäisches Wohnzimmer" des niederländischen Teams von Rem Koolhaas. Sie thematisiert den Brexit mit einer Stoffjalousie der EU-Mitgliedsnationen. Nur der Flaggenstreifen Großbritannien liegt herausgetrennt am Boden – und eröffnet den Blick auf ein Video des im Zweiten Weltkrieg von der deutschen Luftwaffe zerstörten Rotterdam – als Erinnerung und Mahnung an ein uneiniges Europa.
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