Reuters
Aline Bonnefoy
22.03.2020
Die EZB startet Covid-19-Hilfsprogramm in Höhe von EUR 750 Milliarden
Reuters
Aline Bonnefoy
22.03.2020
Die Europäische Zentralbank (EZB) kündigte nach einer Notfallsitzung am Mittwochabend ein neues Anleihenkaufprogramm in Höhe von EUR 750 Milliarden an. Dadurch erhofft sich die EZB, die durch die Coronavirus-Epidemie verursachten finanziellen Folgen zu mindern, die der Wirtschaft in der Euro-Zone stark zusetzen.

Durch die in zahlreichen Ländern verhängten Ausgangssperren leidet die Wirtschaft in Europa stark und ist fast zum Stillstand gekommen. Die Börsen taumeln bedrohlich und lassen eine Rezession befürchten, die mit derjenigen von 2008 vergleichbar ist. Während dieser weltweiten Wirtschaftskrise vor zwölf Jahren war der Zusammenhalt der Euro-Zone in Krisenzeiten auf Zerreißprobe gestellt worden.
Die Zentralbank stand nun unter Handlungsdruck, um die Finanzierungskosten der am stärksten verschuldeten Länder der Euro-Zone, die zugleich auch am stärksten von der Epidemie erfasst wurden, wie Italien, zu reduzieren. Mit dem neuen Anleihenkaufprogramm steigt die Gesamtkaufsumme auf den Märkten in diesem Jahr auf EUR 1100 Milliarden an. Das spät am Mittwochabend angekündigte Programm entspricht 6 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) der Euro-Zone.
"Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen", erklärte die Präsidentin der EZB, Christine Lagarde. "Unser Bekenntnis zum Euro ist grenzenlos. Wir sind entschlossen, im Rahmen unseres Mandates das volle Potenzial unserer Möglichkeiten zu nutzen". Der französische Wirtschafts- und Finanzminister, Bruno Le Maire, zeigte sich über die Ankündigung erfreut. "Ich begrüße den Schritt der EZB, die weitreichende Entscheidungen getroffen hat, um die Coronavirus-Krise anzugehen, die die gesamte Euro-Zone beeinträchtigt", erklärte er auf Twitter.
Die Anleihenkäufe werden fortgesetzt, bis die "kritische Phase" der Epidemie endet, so die EZB in einer Mitteilung. Erstmals werden auch nichtfinanzielle Forderungen angenommen.
Nach der Ankündigung erholte sich der Eurokurs und stieg im Vergleich zum Dollar um 0,16 Prozent auf USD 1,0929. Die EZB erklärte sich zur Flexibilität bereit und erklärte, dass sie keine starken Abweichungen zwischen den Renditen akzeptiere, die in den vergangenen Tagen die griechischen und italienischen Anleihen stark verteuert hatten. Erstmals dürfen auch wieder griechische Anleihen bei der EZB eingereicht werden.
Bemerkenswert ist außerdem die angedeutete Bereitschaft der Zentralbank, bei Bedarf den Umfang und die Dauer des Kaufprogramms zu erhöhen und jegliches Hindernis anzugehen – womit sie wahrscheinlich auf die Obergrenzen für Staatsanleihenkäufe anspielte, die bislang maximal ein Drittel aller Anleihen eines Staates betragen durften.
Doch beließ die EZB den Zinssatz für die Einlagefazilität bei -0,5 Prozent, wie bereits in der vergangenen Woche. Ein weiteres Zeichen, dass der Rat der EZB der Ansicht sein könnte, ein weiteres Herabsenken sei wäre.
Nach der ordentlichen Sitzung am vergangenen Donnerstag hieß die EZB eine Reihe von Hilfsmaßnahmen gut, die von den Investoren jedoch mit Enttäuschung aufgenommen wurden. Sie hinterfragten den Willen der Zentralbank, was immer nötig sei ("whatever it takes") zu unternehmen, um den Euro zu verteidigen, wie Lagardes Vorgänger Mario Draghi versprochen hatte.
Mit dem Anstieg der Anleiherenditen in der Peripherie der Euro-Zone und der Erhöhung der Renditespanne zwischen Italien und Deutschland in wenigen Tagen stieg der Druck auf die EZB, neue Maßnahmen zu ergreifen.
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