DPA
22.06.2017
Entwicklungsminister Müller droht Textilfirmen mit Sanktionen
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22.06.2017
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hat den Unternehmen der Textilbranche langfristig mit Sanktionen gedroht, falls sie in ihren ausländischen Fabriken und bei Zuliefererbetrieben nicht für faire Arbeitsbedingungen sorgen. Kommende Legislaturperiode werde sich zeigen, ob der bisherige Ansatz der Freiwilligkeit Früchte trage, "oder ob wir nicht verbindliche Rahmenbedingungen brauchen", sagte der CSU-Politiker am Donnerstag bei der Vorstellung seines Buches "Unfair! Für eine gerechte Globalisierung". Der CSU-Politiker hatte 2014 ein Textilbündnis für bessere Umwelt- und Sozialstandards gegründet.
Es hat einen Titel, der nicht gerade nach CSU-Mainstream klingt: "Unfair! Für eine gerechte Globalisierung".
Müller erzählt darin von Begegnungen mit Menschen in Entwicklungsländern, die ihn nachdenklich gemacht haben. Von dem Jungen mit dem Eselskarren und dem Handy, den er in Mauretanien traf. Von dem Mädchen auf einer indischen Müllkippe, das ihm sagte: "Ich will hier raus!" Näherinnen und Müllsammler, Bauern und Viehhirten - sie sind für Müller mindestens genauso interessante Gesprächspartner wie die Präsidenten und Minister, die er trifft. Er nutzt die Begegnungen mit ihnen oft als Beispiele, um Grundsätzliches zu erläutern: Etwa welchen Blick junge Afrikaner auf unsere Konsumwelt haben, und warum deutsche Textil-Unternehmen den Näherinnen in Bangladesch mehr abgeben sollten von ihren Gewinnen.
Die Forderung nach mehr globaler Gerechtigkeit ist für Müller mehr als ein Lippenbekenntnis. Für viele Politiker von SPD, Grünen und Linken ist er "der am wenigsten schrecklichste von den drei CSU-Ministern".
Müller will die "ökosoziale Ordnung", die Deutschland aus seiner Sicht "nach vorne gebracht" hat, den Entwicklungsländern als Erfolgsmodell schmackhaft zu machen. Er findet es unfair, wenn wir hierzulande "Höchststandards zur Regel machen und dann nach der Verlagerung der Produktion in Entwicklungsländer die dortige Ausbeutung von Mensch und Natur akzeptieren".
Dass Müller in jüngster Zeit auch Kabinettskollegen zuhören, die sich früher kaum für Entwicklungspolitik interessiert haben, ist eine Folge der sogenannten Flüchtlingskrise in Europa. Sein Credo: Wenn wir nicht zu einer neuen Dimension der Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern der Flüchtlinge und illegalen Migranten kommen, werden sich Millionen von Menschen ohne Visum aufmachen nach Europa.
Besonders schlecht kommen in Müllers Buch die multinationalen Konzerne weg. Sie beuteten in vielen Ländern Afrikas mit Billigung korrupter Eliten die Bodenschätze aus, ohne dass die Bevölkerung davon ausreichend profitiere, schreibt er. Der CSU-Mann wirft den Multis vor, sich durch Tricks ihrer Steuerpflicht zu entziehen: "Amazon , Apple und andere sind Trittbrettfahrer des Systems, und das erschreckenderweise bis zum heutigen Tag völlig legal." Sein Fazit: "Die Ausbeutung durch multinationale Konzerne muss ein Ende haben!"
An das Ende seines ersten Buches hat der gläubige Katholik Müller zehn "Leitlinien für das Leben im 21. Jahrhundert" gestellt. Die Liste liest sich wie eine Art "Zehn Gebote für die Globalisierung". Einer seiner Grundsätze lautet: "Verantworte deinen Lebensstil und Konsum vor dir selbst, deinen Mitmenschen, der Gemeinschaft und kommenden Generationen."
Das klingt nach jemandem, der über eine Regierungsbildung zusammen mit den Grünen nicht unglücklich wäre. "Minister Müller hat in den letzten Jahren wichtige Themen gesetzt", hält ihm Uwe Kekeritz, entwicklungspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, zugute. Sein Problem sei aber, "dass zwischen Wort und Tat Welten liegen". Zudem seien seine Initiativen meist nicht mit dem Kabinett abgestimmt, "sodass sich in Brüssel bei deutschen Initiativen zuerst die Frage stellt, ob es sich um eine Müller-Aktion handelt, oder ob die deutsche Regierung dahinter steht".
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