Herrenmode Paris: Tag 3 mit Rick Owens, Louis Vuitton und Issey Miyake
Das offizielle Programm des dritten Tages der Pariser Männermodeschauen umfasste 12 Events, 10 davon wurden ohne Live-Publikum online veranstaltet. Wir gehen auf die drei besten davon ein, deren Kernaussage in den Worten von William Shakespeares‘ Hamlet zusammengefasst werden kann: 'Sei zu Dir selbst aufrichtig'.
Rick Owens: Umweltbewusste Disco-Krieger am Strand
Das Pariser Menswearprogramm wartete am Donnerstag mit der Live-Show eines bedeutenden Designers auf – wenn diese auch am Lido in Venedig organisiert wurde, da Rick Owens die Hälfte des Jahres in der Lagunenstadt verbringt.
In seiner wohl letzten Show in Venedig – da Owens im Herbst mit der Damenkollektion an die Prêt-à-porter-Woche nach Paris zurückkehren will – verzerrte, zerrüttete und dekonstruierte der kalifornische Designer mit Leib und Seele, mit enormer Wirkung. Großzügigerweise lud er den lokalen Künstler Swampgod auf einen Besuch der Produktionsstätte im Veneto ein und ließ ihn alte Lagerbestände aufreißen, die in seinen Worten zu "Dekonstruktionen meiner Dekonstruktionen" wurden.
Der Designer verwendete auch vielfältige umweltfreundliche Materialien – von Cupro aus biologisch abbaubaren Baumwollabfällen bis hin zu FSC-zertifizierter Viskose. Dies sei für ihn zu einem neuen Versuch der "widersprüchlichen Vermischung von Glamour mit Verantwortung und Rücksichtnahme" geworden.
Seine minimalistischen Gothic-Helden haben kaum je so organisch ausgesehen – sie schlurften in Jeans über den steinigen Sand am Lido, während ihre über löchrige Netz-Tops getragenen ärmellosen Mäntel mit Pagodenschultern im Wind flatterten.
Manche mögen kritisieren, dass Rick Owens Kollektionen am besten zu Rick Owens-Schauen getragen werden, da seine Ästhetik so anspruchsvoll und seine Codes so kultig sind. An diesem Härtetest gemessen gibt es heutzutage nur wenige Designer, die sich deutlicher von der Masse abheben als Owens. Diese Kollektion hätte, wie so vieles, was Owens erschafft, zu keiner anderen Zeit entworfen werden können.
Louis Vuitton: Virgil Ablohs 'Amen Break'
Die Eröffnungssequenz zeigte einen liegenden Mann im schwarzen Anzug und Maske mit einem zeremoniellen Samuraischwert und Artful Dodger-Zylinder. "Der größte Samurai des Reichs", so eine Off-Stimme. Bevor er durch einen riesigen Steinbruch ging, um einen anderen Ninja-Darsteller zu treffen. Die beiden schwarz gekleideten Gestalten fanden sich später in einer silbernen Birkenwaldkulisse wieder. Jedes Model im Wald trug eine Tasche – polierte gelbe Rucksäcke, orangefarbene kastenförmige Lederbrieftaschen, gestreifte altmodische Wochenendkoffer ohne Räder.
Dazu trugen sie rote Pullover mit der Aufschrift 'Vuitton Rocks’, grüne Karoanzüge mit Samurairöcken statt Hosen, Yves-Klein-blaue Anzüge mit Pelzhut und aufgesteckter Andreaskreuz-Fahne.
Virgil Abloh, der Mensweardesigner des Hauses, ist ursprünglich Architekt und DJ. Seine Designerwurzeln liegen in der Concept Streetwear, das Schneiderhandwerk liegt ihm nicht im Blut. Doch umfasste diese Kollektion einige sehr gelungene Dickens’sche doppelreihige Jacketts mit Gürtel sowie Hosen mit seitlichem Schlitz.
Kurz gesagt – eine schwungvolle Kollektion, die gut über den Ladentisch gehen wird und die Codes der Mode weiterbring. Wieso jedoch das Videos ganze 17 Minuten dauerte, wo ein Drittel dieser Zeit mehr als ausreichend gewesen wäre, sei dahingestellt. Mit dem Titel 'Amen Break' kam das Bedürfnis nach einer Werbeunterbrechung umso mehr auf.
Vielleicht ist es für die Generationen X, Y und Z angesichts der nicht enden wollenden digitalen Modewochen an der Zeit, sich den humorvollen Mode-Mockumentary "Who are you, Polly Maggoo?" aus dem Jahr 1966 anzusehen. Die Mode, wie das Leben allgemein sind viel zu wichtig, um sie ernst zu nehmen.
Homme Plissé Issey Miyake: Ein 'Human Ensemble', in dem Komfort überwiegt
Das japanische Modehaus lieferte mit seiner Kollektion 'Human Ensemble' seine Überlegungen zu unseren Körperformen. Und einen Beweis dafür, wie intelligentes Design anpassungsfähig sein und bemerkenswerte Kleider erschaffen kann, bei denen auch der Tragekomfort nicht zu kurz kommt.
Zum Sound von Slide-Gitarren-Blues enthüllte das von Kazunali Tajima produzierte stilvolle Video eine frühe Serie unter dem Namen Body Arch. Die aus kartonähnlichem 100 Prozent Recycling-Polyester gefertigten Kleider schmiegten sich liebevoll um die Oberkörper. Tuniken, Tops und Chauffeur-Jacken mit Raglan-Ärmeln und komfortablen Schnitten, die für hohe Bewegungsfreiheit sorgen.
Weitere Strickwaren überzeugten mit dem reichhaltigen Minimalismus, für den Miyake bekannt ist. Die Kleider des Labels scheinen noch heute, über 10 Jahre nach seinem Rücktritt, sofort zu erkennen zu sein.
Das Video mit einem unüblichen Casting zeigte sowohl bärtige Holzfäller als auch kühne Künstler – rund 30 Bekannte des Hauses – viele davon mit David Hockney-Brillen. Ein sanftes Programm für die weltmännischen kreativen Kunden der Marke.
Copyright © 2024 FashionNetwork.com Alle Rechte vorbehalten.