Loewes brillante Hommage an seine spanischen Wurzeln in Vincennes
Bei Jonathan Andersons jüngster Show für das madrilenische Modehaus Loewe drehte sich alles um die Vereinfachung der Mode auf sehr stilvolle Grundzüge. Daraus entstand die bedeutungsvollste Kollektion der Saison.
Die Show wurde in einem reinweißen Würfel mitten in den Gärten des Schlosses von Vincennes organisiert. Die Künstlerin Lara Favaretto gestaltete zerbrechliche Konfetti-Papierskulpturen in Primärfarben, um den Raum zu dekorieren.
Vereinfachung im Sinne des Ausmerzens jeglicher überflüssigen Details, um sich ganz auf die Linien und die Silhouette zu konzentrieren. Aufsehenerregendes neues Wildleder, Leder und seltsam bedruckte Recycling-Kleider. So sehr vereinfacht, dass mehrere Kleider auf Brusthöhe über Türgriffe oder kunstvoll verzierte Nägel verfügten, um die Stoffe daran zu befestigen oder darüber zu werfen.
Wie bereits in seiner Loewe-Menswear-Show im Januar schnitt Anderson Löcher in seine Kleider und Mäntel, beispielsweise um einen Arm besser in die Seite stemmen zu können. Dies ist in beiden Schauen eine Anspielung auf den Künstler Julien Nguyen und sein Gemälde The Guise of Fortune.
“Unschärfe, Zerbrechlichkeit und Feierlichkeit. Gesten – übernommen aus der Menswear-Show mit dem aufgestützten Arm. Eine emotionale Geste, die sich defensiv, aber auch sinnlich anfühlt. Türgriffe. Oder Nägel auf der Brust, die den Anschein erwecken, dass die Stoffe einfach darüber geworfen wurden. Roboterpuppen, auf eine gewisse Art. Emotionale Sinnlichkeit für die Garderobe", erklärte Anderson nach der Show.
Einige Looks – Hosen, Shorts und Tuniken – waren mit blassgrauen, weißen und azurblauen Hahnenfedern geschmückt, in brillanter Gegenüberstellung mit den Papierwürfeln in Primärfarben.
Zum überaus passenden Soundtrack You Want It Darker mit Leonard Cohens rauer Stimme eröffnete Anderson seine Show mit einer großartigen Reihe an "Reliquien"-Kleidern, in Anspielung an Gerhard Richter. Keines dieser bedruckten Kleider war ursprünglich von Loewe. Während umwerfende Strickwaren durch den Eingriff des Designers, der sie neu gestaltete, interpretierte und konzipierte, wie Aufkleber abgezogen werden konnten.
Vor allem aber ließ sich Jonathan an den spanischen Wildleder- und Leder-Wurzeln der Marke inspirieren, und zeigte großartige Kalbsleder-Hemdkleider mit Stehkragen, die sehr stilvoll und sehr cool wirkten. Oder himmlisch gut geschnittene edwardische Wildledermäntel in Sandfarben. Und überall trafen verschiedene Ledertexturen aufeinander.
Dazu eine großartige Reihe sehr geräumiger Puzzle-Totebags und kleine Handtaschen – letztere im japanischen Korbflecht-Stil, aus Rohleder.
Keine andere Show kann Loewe das Wasser reichen, wenn es zu coolen Schuhmodellen kommt. Von weichen D’Artagnan-Stiefeln über Wildleder-Chelsea-Stiefel bis hin zu Stöckelschuhen in verschiedenen Lederarten, wobei bei einigen der Absatz aus besticktem Konfettipapier bestand.
“Alle Taschen in der Show spielen auf 70er-Jahre-Designs an. Als ich ganz frisch bei Loewe war, hatte ich sie verworfen. Doch seit der Pandemie greife ich die Idee des historischen Lederhauses auf. Ein Neustart, da Loewe ein Wildlederhaus ist, damit hat sich die Marke zunächst einen Namen gemacht", erklärte der in Nordirland geborene Designer.
Alles in allem lieferte Loewe nach 22 Tagen der Schauen-Saison den herausragendsten Mode-Moment aller vier Modehauptstädte – New York, London, Mailand und Paris. Obwohl es niemand laut äußert, ist es Anderson ganz im Stillen gelungen, Loewe zur Nummer Eins im Schauenkalender zu befördern.
Vor über 100 Jahren wurde im Schloss von Vincennes die berühmte Spionin Mata Hari hingerichtet. Heute wurde am selben Ort Jonathan Anderson zum einflussreichsten Designer der Modegeschichte konsekriert.
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