Elisa Gerlach
02.10.2017
Lutz Huelle mit Kanten und Ecken
Elisa Gerlach
02.10.2017
Paris Fashion Week: Der Deutsche, der nur in Frankreich bekannt ist, so wird Lutz Huelle gerne beschrieben. Wer hinter die Fassade blickt, entdeckt ein gutes Konzept in der Kreation und den Mumm, erwachsene Frauen einzukleiden. Diese Kollektion versprüht sowohl subtilen Chic als auch eine gesunde Bodenhaftung.
Die Einladungskarte mit dem Eiffelturm – das Trendthema der diesmaligen Pariser Fashion Week – entpuppte sich als Wegweiser für eine Kollektion, die nicht abgehoben aber facettenreich ist, bei der man merkt, der Designer hat sich für den Schnitt und die Silhouette was Gutes überlegt und es auch nicht zuletzt versäumt, den eleganten Charakter einzuberechnen.
Alle Kleidungsstücke beziehen sich im Grundtenor auf die aktuelle Herbst-/Winterkollektion 17/18, die Ideen sind allerdings weitergesponnen und verbinden nun das couturige Trara mit ganz normalen Alltags-Aspekten. Die Bomberjacke verwandelt sich in ein Kleid mit rotem, delikatem Blütengeflecht-Spitzenrock oder in ein silbrig-schwarzes Jacquard-Kleid. Der Trenchcoat ist zerstückelt und nun als elegantes Office-Ensemble mit schmaler Silhouette als Kostüm mit Bleistiftrock konzipiert. Die Jeans sind an der Front von oben bis unten mit symmetrischen Cut-outs versehen und tragen sich wie ein Gerippe als Zusatz unter einem kontrastierenden Überwurf. Das etwas strenger wirkende Blusenkleid aus herkömmlichem Baumwollhemdenstoff verliert seinen maskulinen Touch aufgrund der schwarzen Netzstoffeinsätze an der Schulterpartie. Unifarbene Jacken wirken wie glänzende Käfer-Capes, die Ärmel nehmen ab dem Ellenbogen ein ausladendes Volumen an und der Jeans-Mantel – ein Highlight! – wird dank Patchwork und messerscharfem Dreiecks-Revers zum eleganten Gehrock.
Darunter mischt sich eine Art 80er-Jahre Glitzerstimmung, die besonders durch den silbernen Rundum-Lidstrich, die burschikosen Haarschnitte und die langen Strass-Ohranhänger verstärkt wird. Eine junge Nena wäre verzückt gewesen von den Silber-Plissee-Looks, die fließend und mit diagonalem Saum gerade recht zum Flüstern der Vocal-Musik von Wladimir Schall & Lutz mit Texten wie "Don't wanna rush it" oder "yeah slow" über den Laufsteg kommen.
Das Eröffnungs-Outfit mit einer verlängerten weißen, als Kleid getragenen Bluse und die Mischung aus Trenchcoat und T-Shirt in Schwarz als Überzieher oder ebenfalls die zusammengestückelten Mantelkleider sorgen für einen Look, der bei allen Gelegenheiten passt. Wie im Programmpapier beschrieben, hat der Remscheider Lutz, der seit mehr als 20 Jahren in Paris aber nie in Deutschland zeigte, den Fokus auf transformierte Kleidung gelegt: gleichzeitig praktisch und hoch glamourös!
Im Gespräch mit FashionNetwork.com erzählt er, dass seine Kollektion für Frühjahr/Sommer 2018 für Frauen gedacht ist, die keine Lust mehr auf Regeln haben. Für solche, die mit dem Lurex-Trenchcoat zum Supermarkt gehen und gleichfalls ins Büro, zu den verschiedenen Anlässen das tragen, worauf sie Lust haben. "Frauen, die offener sind als die Mode!" Und warum immer noch Paris? "Weil in Deutschland die Verhältnisse schwieriger sind und alles in die Richtung ohne Ecken und Kanten geht."
Wer den Designer schätzt, der kommt eben nach Paris. So machen es auch die Eltern von Lutz (in jeder Saison wohlgemerkt), die Mama im Pullover aus einer vorherigen Saison, der Vater mit stolzer Brust: "Er hat sich alles selbst erkämpft!"
Das Fazit? Das trug Designer Lutz Huelle gleich selbst als Print auf seinem T-Shirt beim Finale: There’s a Light.
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