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DPA
Veröffentlicht am
20.06.2016
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Made in Europe: Schuhproduktion zu Hungerlöhnen

Von
DPA
Veröffentlicht am
20.06.2016

Albanien als Bangladesch Europas? Vor dem Hintergrund mehrerer Recherchen wollen Clean Clothes Campaign und der Initiative Change Your Shoes erstmals die Realitäten in der europäischen Schuhindustrie aufzeigen: Von den Gerbereien in Italien bis zu den Schuhfabriken in Mittel- und Südosteuropa.

Produzieren auch für deutsche Modeanbieter: Näherinnen in Bangladesch. - Gisela Burckhardt


Dort stellen demnach zehntausende Arbeiterinnen und Arbeit "italienische" oder "deutsche" Schuhe her - zu oft noch tieferen Löhnen als in China. Schuhmarken kümmern sich laut beider Initiativen bisher noch viel zu wenig darum, unter welchen Bedingungen ihre Schuhe hergestellt werden.

Jeder Deutsche kauft im Durchschnitt pro Jahr 5,3 Paar Schuhe. Über 24 Mrd. Paar Schuhe wurden 2014 weltweit hergestellt, der größte Teil davon in Asien, doch gerade bei hochpreisigeren Lederschuhen ist der europäische Anteil bedeutend. Jedes fünfte Paar Schuhe, das in Europa über den Ladentisch geht, ist auch in Europa produziert.

Italien ist nicht nur das Schwergewicht der europäischen Schuhproduktion, sondern gerbt auch 60 Prozent des in der EU produzierten Leders. Der Bericht "A though story of leather" beleuchtet anhand des Gerbereien-Distrikts Santa Croce in der Toskana die Schattenseiten dieses harten Gewerbes, in dem vielfach Migranten arbeiten.

Immer wieder komme es zu Unfällen, das Heben der schweren Lasten führt zu Gelenkschäden und durch den ungeschützten Kontakt mit giftigen Chemikalien entwickeln die Arbeitenden Allergien oder gar Tumore, heißt es laut der beiden Initiativen.

Die auf die Gerberei folgenden arbeitsintensiven Schritte der Schuhproduktion würden demnach oft in mittel- und südosteuropäischen Ländern durchgeführt. Rund 200.000 Menschen sind in den untersuchten Ländern Albanien, Bosnien-Herzegowina, Polen, Rumänien, Slowakei und Mazedonien in der Schuhindustrie beschäftigt. Die Nähe zum westeuropäischen Markt sorgt für kurze Lieferzeiten, die Beschäftigten sind hoch qualifiziert, aber das Lohnniveau ist äußerst tief.

Die Löhne in Albanien, Mazedonien oder Rumänien liegen sogar noch unter dem in China. Sie müssten vier bis fünf Mal höher sein, damit die Fabrikarbeitenden und ihre Familien davon leben könnten. "Eine rumänische Schuhindustriearbeiterin muss sich auf Jahre hinaus zu Wucherzinsen verschulden, um einen Kühlschrank oder das Holz für die Winterheizung zu kaufen.

Der Akkorddruck ist so hoch, dass sie keine Atemmasken oder Schutzkleidung gegen den Gestank von Leim und das Gift der Chemikalien tragen. Unter allen europäischen Ländern, in denen wir bislang recherchiert haben, ist Albanien wirklich das Bangladesch Europas.", erklärt Betina Musiolek von der Clean Clothes Campaign, Ko-Autorin des Berichts.

In vielen südosteuropäischen Fabriken ist es im Sommer so heiß, dass immer wieder Arbeiterinnen kollabieren. Eine Familie zu gründen scheint nicht finanzierbar. "Meine Frau und ich arbeiten beide in einer Schuhfabrik. Wir sind froh, dass wir eine Arbeit gefunden haben, aber mit unseren niedrigen Löhnen können wir keine Kinder großziehen", erzählt ein rumänischer Arbeiter im Interview. 

Die Bewertung der Schuhhändler macht deutlich, dass sich diese Firmen zu wenig Gedanken über die Menschen machen, die ihre Schuhe fertigen. Das gelte für alle Firmen, die man für den Bericht "Trampling workers rights underfoot" befragt habe, so die Initiatoren der Studie: 11 Firmen gaben demnach gar nicht erst Auskunft, und auch jene 12, die antworteten, setzen Grundrechte nicht effektiv um.

Erhoben wurde u.a. ob existenzsichernde Löhne vorgesehen sind und welche Arbeitsschutzmaßnahmen vorausgesetzt werden. Von den 29 Unternehmen konnte keines der besten Kategorie "im Laufschritt voraus" zugeordnet werden. Die Marken El Naturalista, Eurosko und Adidas schafften es zumindest auf den zweiten Platz "auf gutem Weg". Händler mit Hauptsitz in Deutschland, die in beiden Reports genannt werden, sind Lowa, Deichmann, Ara, Rieker und Gabor.

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