Miu Miu mit marokkanischem Twist

Von

Godfrey Deeny

Veröffentlicht am
05.10.2021

Die Fähigkeit zur Selbsteinschätzung war der Schlüssel zur jüngsten Miu Miu-Kollektion, die am Dienstag, dem letzten Tag der Pariser Modewoche, präsentiert wurde – ein Talent, mit dem nur wenige Designer gesegnet sind, weshalb sie Stylisten engagieren, die ihnen helfen, ihre Visionen zu verfeinern.

 
Denn Miuccia Prada ist nicht nur eine großartige Designerin, sondern möglicherweise auch die Beste, was die Umsetzung ihrer eigenen Ideen betrifft. Das wurde in diesem zeitgenössischen Statement von Miu Miu deutlich, das zeigt, wie man sich klassisch kleiden kann, ohne langweilig zu wirken.

Die meisten der ausgewählten Kleidungsstücke waren eher traditionell Miu Miu, aber alle wurden in einem neuartigen Ensemble präsentiert. Was die Franzosen "bon dosage" nennen.

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Ihr bevorzugtes Material war militärisches Khaki, das in den ersten Looks mit weiten Hosen und am Knie abgeschnittenen Shorts – man konnte teilweise das Innenfutter erkennen – zum Einsatz kam.

 
In jedem Look war ein Logo zu sehen: auf der Brust von geknöpften Preppy-Hemden, auf den Zungen von absichtlich ausgefransten weißen Turnschuhen, auf den Schnallen von Kitten-Heels oder auf den Bändern von Unterwäsche, die über Faltenröcke hinausragten. Maskuline Elemente zogen sich durch die gesamte Show, mit College-Bomberjacken aus Wildleder, Kaschmirpullovern mit V-Ausschnitt und grauen Socken.
 
Aber das Miu Miu-Mädchen wird immer die freche jüngere Schwester der Prada-Prinzessin sein. Und sie hat keine Angst, ihre gute Figur zur Schau zu stellen, solange sie eine hat. So wird sie im nächsten Frühjahr extrem kurze weiße Hemden oder Aran-Pullover tragen, die ihren Bauch zur Geltung bringen; dazu ultra knappe Miniröcke, die kaum den Schritt bedecken.
 
Wie schon bei ihrer Prada-Kollektion in Mailand, die sie gemeinsam mit Raf Simons entworfen hat, zeigte sie verblasste Lederlooks – am einprägsamsten waren die zerknitterten schwarzen Lederblazer oder die abgenutzten Westernjacken aus Rohleder, die mit niedrig sitzenden Faltenröcken kombiniert wurden.

 
Erstmals arbeitete Miuccia mit dem marokkanischen Künstler Meriem Bennani zusammen und präsentierte ein Video, das auf eine Reihe von binokularen Bildschirmen seitlich des geschwungenen Laufstegs innerhalb des modernistischen Palais d'Iena im 16. Arrondissement übertragen wurde. Bilder dieser Arbeit erschienen sogar auf der Online-Plattform von Miu Miu.
 
An einer Stelle diskutieren die damenhaften Charaktere darüber, wie man sich den Hintern liften lassen kann.
 
"Warum lassen sie sich dann den Hintern machen?", fragt eine von ihnen. "Sie nehmen Fett von den Oberschenkeln und injizieren es in den Hintern", antwortet ihre Freundin. "Ok, also ist es halal!", fügt eine dritte unter großem Gelächter hinzu.

Ehrlich gesagt, war es schwer, den Zusammenhang zwischen dem Video und der Kollektion zu verstehen. Und auch den Sinn von Miuccias Zusammenarbeit, die seit langem dafür bekannt ist, ständige Partnerschaften anderer Designer mit Künstlern zu missbilligen.
 
Letzte Woche in Mailand lehnte es die maskierte Signora Prada aus Angst vor Covid ab, ihre Kollektion mit Redakteuren zu besprechen. Diesmal kam sie nicht einmal aus dem Backstage-Bereich heraus, was für eine normalerweise so selbstbewusste Person höchst ungewöhnlich ist.
 
Alles in allem eine einfallsreiche Kollektion, die kunstvoll neu arrangiert wurde, ideal für sexy Intellektuelle. Auch wenn es sich so anfühlte, als würde sich die Designerin zu sehr auf bekanntem Terrain bewegen.