Fabeau
26.07.2012
Multibrand-Retail auf Talfahrt
Fabeau
26.07.2012
Die Studie der Team Retail Excellence GmbH (TReE) aus Düsseldorf dürfte einige hochschrecken lassen, denn das Fazit von "Strukturwandel Fashion Retail“ ist fatal, zumindest für die etablierten Player im Modehandel. Große Versand- und Kaufhofkonzerne verlieren drastisch an Bedeutung. Bis 2020 wird sich der Umsatz traditioneller Multibrand-Retailer halbiert haben.
Während sie im Jahr 2000 mit einem Umsatz von 9,9 Mrd. Euro Umsatz und damit 29% die wichtigste Vertriebsgruppe im stationären Marktsegment waren, führen zehn Jahre später Vertikale wie H&M, Zara, Esprit oder C&A und Private-Label-Anbieter mit einem Gesamtumsatz von 10,6 Mrd. Euro das Ranking an. Sie überzeugen Konsumenten mit aktuellen Trends, ihrer Price Value Position, modernen Läden und einer konsequenten Expansionsstrategie. Auch die Fashion-Discounter waren weiter auf dem Vormarsch. Zusätzlich dringen branchenfremde LEH Einzelhändler wie Aldi oder Tchibo in die Domäne Mode vor und bringen Warenhäuser wie Karstadt, Kaufhof oder P&C in Bedrängnis. Das kapitalintensive, wenig bewegliche Geschäftsmodell der Multibrand-Häuser verlor im vergangenen Jahrzehnt 5 Mrd. Euro Umsatz oder 25% Marktanteil.
DTC: Die Industrie übernimmt die Flächen
Um mit vertikalen Anbietern mitzuhalten, wurden neue Flächenbewirtschaftungskonzepte wie Shop-in-Shops oder Concessions bei den Key-Accounts entwickelt. Die Flächenbewirtschaftung vervierfachte sich in zehn Jahren auf 2 Mio. Quadratmeter. Dann folgte der Aufbau von Eigen- und Partner-Retail mit einer Fläche von 0,8 Mio. Quadratmetern. 2010 bespielten deutsche und internationale Modemarken mehr Fläche als die größten 15 Multibrand-Unternehmen zusammen. Nach Berechnungen von TReE steuern große Kaufhauskonzerne weniger als 30% der Fashionflächen in Eigenregie, und wenn handelt es sich dabei oft um Eigenmarken.
Die Schließung großer Warenhäuser machte parallel Platz für die rasante Entwicklung innerstädtischer Einkaufszentren (EKZ), in die sich hauptsächlich Vertikale oder Monobrand-Stores einmieteten. Mit 4,4 Mrd. Quadratmetern sind die innerstädischen EKZ heute dopppelt so groß wie die 15 größten Multibrand-Unternehmen zusammen.
Nach Berechnungen von TReE machten die 100 größten Fashionbrands mit Eigen- und Partner-Retail sowie anderen Vertriebskanälen und dem Onlineverkauf im Jahr 2010 einen Umsatz von rund 2,5 Mrd. Euro. Und der Trend zum Monobrand-Retail ist ungebrochen: Der Immobilienmarkt kommt Modemarken auch in Zukunft entgegen, jährlich sollen zehn bis zwölf neue Centren in Deutschland entstehen.
Omnichannel ist das neue Multichannel
Die Zahl der Vertriebsmodelle wuchs in den letzten Jahren stetig. Während 2005 etwa ein Drittel der Brands auf mindestens drei stationäre Vertriebsmodelle setzte, waren es 2010 bereits fast 50%. Durchschnittlich steuert ein Hersteller heute rund 300 Flächen in Deutschland an. Die Big Five Esprit, s.Oliver, Gerry Weber, Street One und Tom Tailor kommen zusammen auf mehr als 17.000 Flächen.
„Multichannel war vorgestern“ - Laut TReE stehen die Zeichen im Vertrieb „auf Zehnkampf“ – die Expansion in viele Vertriebskanäle ist „ein Must-have für qualitatives Wachstum in diesem Jahrzehnt“. Allerdings will diese Disziplin beherrscht sein, denn trotz allem Wachstum sind viele eigene Distributionskanäle wirtschaftlich nicht so erfolgreich wie das traditionelle Wholesale-Geschäft. Die Renditen sind oftmals auch nach zehn Jahren noch dünn, die Kapitalkosten hoch, die Synergien im Zweifel gering und die Rentabilität von Partnerstore schwer einzuschätzen.
Für viele Brands gilt es jetzt, die Vertriebskanäle zügig ertragreich zu gestalten und sie erfolgreich ins Ausland zu tragen. Denn, nach zwei Jahrzehnten stationärer Expansion ist dies das Jahrzehnt der Online-Expansion. „Gut, wer strategisch und operativ „Omnichannel-Ready“ ist."
Die Ergebnisse der Studie kann man kostenlos über den Blog Retail Intrapreneur beziehen.
Foto: Vizona (Wöhrl), Arciv
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