Prada: Wo Mann sich selbst begegnet
Am Sonntag enthüllte Prada eine ungewöhnliche und stimulierende Kollektion. Angesichts der tiefgreifenden Veränderungen, die wir erleben, wollte das Luxushaus die Codes der Männergarderobe neu definieren. Für den kommenden Winter entwarfen Miuccia Prada und Raf Simons eine Menswear, die sich auf den Tastsinn und das Verhältnis zum Körper zurückbesinnt, wobei letzterer zugleich geschützt und in seiner Bewegung befreit wird.

Im Video, das die Marke online enthüllte, gingen die Models von einem leeren Raum in den nächsten, wie in einem Videospiel. Dazu ertönte elektronische Musik von Richie Hawtin, alias Plastikman, der auch flüchtige Tanzbewegungen improvisierte. Die Kulisse wurde von Rem Koolhaas und AMO entworfen und erinnerte an eine Blase, einen abstrakten Unort mit einer Flucht von anonymen Räumen, einige mit wattierten und gefütterten Oberflächen, andere mit glatten, kalten Marmorflächen und wieder andere in intensiven Farben lackiert.
Die Prada-Codes waren sogleich erkennbar: Klassische dunkle Mäntel und die typischen Herrenanzüge aus Wolle, gerade Anzüge, mehrheitlich in dunklen Schattierungen oder mit feinen Nadelstreifen. Aber auch mit geometrischen Jacquards, die Erinnerungen an Retrodrucke des Hauses weckten. Doch wurden die Codes modernisiert, und die gesamte Garderobe mit neuen Volumen und Silhouetten kombiniert. Ein Spiel mit kontrastierenden Stoffen und Stilen zwischen Cocooning-Stücken für zu Hause und imposanten Oberteilen für draußen.
Der Unterhosenanzug wird wieder salonfähig. Großvaters "Long Johns" werden zum Vorzeigestück der neuen Winter-Garderobe. Mit verschiedensten Motiven und Farben bietet das wiederentdeckte Kleidungsstück unzählige Möglichkeiten für stets innovative Schichtenlooks. Die lange Unterhose passt wie eine gemütliche zweite Haut zu absolut allen Looks und bedeckt Oberkörper, Arme und Beine vollständig.

Er kann als Statement Piece für alle sichtbar getragen, mit einem Rollkragenpullover und einem Hemd kombiniert oder unter einem XL-Pulli mit breitem V-Ausschnitt in kontrastierenden Farben eingesetzt werden. Natürlich passt er auch ganz diskret unter eine klassische Hose und elegante Jacke mit hochgekrempelten Ärmeln. Die langen Unterhosen verleihen den Beinen in Oversized-Hosen eine schöne Form, während der Oberkörper in XXL- Lackleder-Bomberjacken in hellen Farben (Fuchsia, Tannengrün und Violett) eingehüllt wird. Weiter zeigte Prada übergroße Cabans mit großen roten Knöpfen und weiche Schurwollmäntel in Pastellfarben.
Dazu passend glänzende klassische Schnürschuhe mit dicker Sohle, wie auch Skihandschuhe aus buntem Leder mit Mini-Reißverschlusstasche. Dasselbe Detail war auch auf Jackenärmeln und peppigen Nylonrucksäcken zu sehen.
Im Zentrum der Kollektion stehe "das Individuum mit seinem Körper und seiner Freiheit", so Prada. "Mehr noch als die Technologie wollten wir den Austausch zwischen den Gefühlen, der Sensibilität des Menschen, der menschlichen Gefühlspalette und den Geschehnissen dieser Welt in den Vordergrund rücken", erklärte Raf Simons in einem nach der Show ausgestrahlten Gespräch, an dem auch Miuccia Prada und Studierende aus aller Welt teilnahmen.

"Es geht um Taktilität, um Kontraste, Architektur und Gefühle", ergänzte der Co-Kreativdesigner. "Wir haben uns auf das Verhältnis zum Körper konzentriert", führte Miuccia Prada weiter aus. Mit Blick auf die Wahl des Unterhosenanzugs bemerkte sie: "Ein so flexibles Element, das so viele unterschiedliche Facetten bietet, kommt in der Mode nur selten vor".
Die Herbst-/Winterkollektion 2021/2022 ist die erste, die von den beiden Co-Kreativdirektoren gemeinsam gestaltet wurde. Miuccia Prada sprach über den anhaltenden und stimulierenden Dialog mit ihrem männlichen Pendant Raf Simons und betonte, wie sie das Bedürfnis hatte, sich mit einer anderen Person auszutauschen. "Das Interessante daran ist die Möglichkeit, sich kritisch mit seinen Ideen auseinanderzusetzen und auch seine Meinung zu ändern. Ich habe mich für die Zusammenarbeit mit Raf entschieden, um eben diese Möglichkeit zu haben, meine Denkweise zu erweitern".
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