Olivier Guyot
18.10.2012
Texmed: Beschwichtigen und Beruhigen
Olivier Guyot
18.10.2012
Die Ausgabe 2012 der Texmed-Messe im Konferenzzentrum von Kram in Tunis hatte im Grunde mehr eine psychologische als eine wirtschaftliche Aufgabe: Beruhigen und bestärken.
Zum einen natürlich, um ihr professionelles Netzwerk zu pflegen. Doch die Veranstalter und die Vertreter der Industrie wollten auch beweisen, dass die tunesische Textilindustrie weiterhin dynamisch und wettbewerbsfähig ist.
Das Image des Landes und der Industrie war in den vergangenen Monaten nicht gerade rosig. Die im September aufflammende Gewalt als Reaktion auf den Islam-Film „Die Unschuld der Muslime“ traf bei den meisten Tunesiern zwar auf Unverständnis, doch die internationalen Kunden waren verunsichert. Sie sorgten sich um die politische Stabilität des Landes.
„Vor diesem Hintergrund war es nicht einfach, die Messe zu organisieren“, räumt denn auch Riadh Attia, Generaldirektor des Zentrums für Exportförderung Cepex, ein. „Wir haben uns dafür entschieden, das Datum auf Oktober zu verschieben, um den Bedürfnissen der Auftraggeber besser zu entsprechen. So konnten sie im Anschluss an die europäischen Stoffmessen kommen. Wir mussten zeigen, dass wir ungeachtet der Auswirkungen der schwierigen Wirtschaftslage in Europa immer noch präsent und einsatzbereit sind. Dies hat keine Auswirkungen auf unsere Tätigkeit.“
Die Messe war in vier verschiedene Bereiche aufgeteilt. Türkische und ägyptische Delegationen waren ebenfalls anwesend und die Veranstaltung hatte potenzielle Käufer aus den verschiedenen europäischen Märkten und im Mittelmeerraum eingeladen, um zu beweisen, dass das Land sicher ist und um die tunesischen Unternehmen zu fördern.
Das auf kleine und mittelgroße Serien spezialisierte Land besetzt klar die gehobene Mitte. „Da liegt unsere Zukunft“, schätzt Samir Haouet, Generaldirektor des Zentrums für Textiltechnik CETTEX. Der Preiskampf nach unten ist für uns nicht mehr relevant“.
Die Unterscheidung liegt somit auf dem Know-how und R&D für Unternehmen, die ihre Processes mehr und mehr integriert haben. „Dieses Jahr haben wir einen Bereich für Designer geschaffen, und die Arbeit von sieben Jungdesignern aus unseren Designschulen ausgezeichnet. Es ist wichtig, dass sie an dieser Messe teilnehmen, um Kontakte zu den Unternehmen in der Textilindustrie zu knüpfen und ihr Potenzial zu zeigen“. Die Designs wurden anlässlich der Modenschauen präsentiert, parallel zu tunesischen Marken wie Jasmine Mode, Kuchi Yo, Aramys, CQ Group, …
Für die Aussteller wollte die Messe zuerst nur langsam anlaufen, einige Stände meldeten gar, dass sie am ersten Tag keinen einzigen Kontakt knüpfen konnten. „Wir sind hier, um die Industrie zu unterstützen“, erklärte Selim Khadraoui, Verantwortlicher für Strickwaren bei Demco. Das Unternehmen produziert jährlich rund 11 Millionen Kleidungsstücke und 4 bis 5 Millionen Hosen für verschiedene Linien der großen Labels wie Tommy Hilfiger, Guess oder Calvin Klein. „Wir sehen in erster Linie Anbieter, die zur Erweiterung des Kundenstamms kommen oder Partner, mit denen wir bereits zusammenarbeiten“.
Doch nach dem etwas harzigen Anfang verlief die Messe dynamischer und konnte regen Zulauf verzeichnen. Die Aussteller waren denn auch zufriedener. „Unser Ziel ist es, unser Tätigkeitsgebiet auf Spanien und Deutschland auszuweiten“, ließ beispielsweise Aramys verlauten. Der Jeans- und Hemdenhersteller arbeitet bislang hauptsächlich für den französischen Markt. Und auch die Vizepräsidentin der Fenatex, Nefâa Ennaifer, pflichtet dem Unternehmen bei: „Wir sind beruhigt, denn vor der Messe waren wir im Stress. Doch es herrscht rege Aktivität und die Aussteller scheinen recht zufrieden“.
Trotz der guten Besucherzahlen blieben die französischen Käufer zurückhaltend. Dies obwohl Frankreich über 30 % der tunesischen Textilexporte ausmacht. „Was mich besonders erstaunt hat, war die Anzahl türkischer Aussteller an der Messe“, so ein Besucher. „Bei den Strickwaren und einfachen Produkten sind sie den Tunesiern zahlenmäßig überlegen und zudem wettbewerbsfähiger. Ich befürchte, dass die Tunesier hier ein Eigengoal schießen“.
Die Herausforderungen für die nächste Ausgabe der Texmed stehen bereits fest: Die Industrie aus dem Mittelmeerraum anziehen und überzeugen, das Messeangebot ausbauen und zugleich die von der Türkei und in geringerem Ausmaß Marokko und Ägypten in Angriff genommene nationale Aktivität in diesem Bereich zu verteidigen.
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