DPA
12.07.2016
Textilbranche warnt vor höheren Energiekosten
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12.07.2016
Hohe Energiekosten werden für die Textilbranche im Südwesten zu einem größeren Problem. Klimaschutz-Pläne der Bundesregierung und damit verbunden höhere Energiepreise gingen zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit, sagte der Präsident des Verbandes Südwesttextil, Bodo Bölzle, am Dienstag in Stuttgart. In einer Firma im Südwesten, deren Namen er nicht nennen wollte, gebe es daher "Abwanderungsszenarien". In der Bevölkerung sei die Energiewende zwar akzeptiert, ergänzte sagte Verbands-Hauptgeschäftsführer Peter Haas. "Aber diese Akzeptanz wird weniger, weil zunehmend gespürt wird, dass eigentlich eine ungerechte Kostenverteilung da ist."
Der Ausbau der Ökoenergien in Deutschland wird über ein Umlagesystem ermöglicht, und zwar die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgeschriebene Umlage: Im Prinzip werden alle Verbraucher über ihre Stromrechnung für den Ausbau zur Kasse gebeten, der Staat hat keine direkten Extralasten. Die EEG-Umlage macht für den Verbraucher etwa ein Viertel des Strompreises aus, sie war zum Jahreswechsel um drei Prozent auf den Höchststand 6,354 Cent pro Kilowattstunde gestiegen.
Energieintensive Industrien werden zwar teils befreit von der EEG-Umlage, damit deren Firmen im globalen Wettbewerb bestehen können. Die Textilbranche kommt nach Darstellung des Verbandes aber kaum in den Genuss dieser Befreiungen. "Auch in Zukunft werden [...] voraussichtlich mehr als 90 Prozent der Unternehmen die volle EEG-Umlage zahlen müssen", so Bölzle. Die werde in den kommenden Jahren um 2 bis 3 Cent steigen. Die Energiewende sei ein "ein Kraftakt wie eine Wiedervereinigung", so der Verband. Wie einst beim Aufbau Ost sollte der Staat mit seinem Haushalt die Lasten tragen und nicht der Verbraucher, fordert Südwesttextil gemeinsam mit anderen Industrieverbänden, etwa dem Keramikindustrie-Verband BVKI.
Abseits dieser Sorgen stellte Südwesttextil-Chef Bölzle eine Umfrage vor, nach der die Textilbranche im Südwesten guter Dinge ist. "Die Unternehmen beurteilen ihre Lage und Aussichten deutlich besser als vor einem Jahr", sagte er. Die Geschäfte der etwa 200 Mitgliedsfirmen seien im vergangenen halben Jahr insgesamt "zufriedenstellend bis gut" verlaufen. Die Erwartungen bis Jahresende seien positiv.
Die Textilbranche im Südwesten hat 24 000 Beschäftigte, zu den Firmen zählen der Wundverbandhersteller Hartmann, der Airbagbauer GST und der Fadenhersteller Amann. Auch Bekleidungsfirmen wie Hugo Boss sind dabei, sie machen aber nur etwa 40 Prozent der Südwest-Branche aus und lassen ihre Produkte weitgehend im Ausland nähen. Der Rest entfällt auf die Kategorie spezieller Textilien, etwa Feuerwehr-Schutzkleidung. Diese aufwendigere Ware wird großteils noch hierzulande produziert.
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