
Elisa Gerlach
26.09.2017
Victoria/Tomas und das Hemdblusen-Schlaraffenland

Elisa Gerlach
26.09.2017
Paris Fashion Week: Die Show der vermählten Designer, Victoria Feldman und Tomas Berzins (die sich in Paris an der Modeschule Esmod kennen und lieben lernten) fand im Garten der Fakultät für Pharmazie statt, ums Eck vom Jardin de Luxembourg. Völlig unkompliziert waren die Bierbänke entlang des wirklich schmalen Plattenweges und gleichzeitig des Laufstegs aufgestellt. Recht idyllisch zwischen den letzten, blassen Rosen des Jahres und dem noch frischen, stoppeligen Gras.

Zuvor hatten sich die beiden beim Festival de Hyères im Jahr 2013 als jüngste Finalisten einen Namen gemacht und anschließend im Showroom Designer’s Appartment präsentiert, nun warteten die exponierten Gäste (mit Tattoos, gestreiften Blusen, allem möglichen Anti-Chic und in Stöckel-Stiefeletten) auf die erste Runway-Show in Paris. Das ausgelegte Programmheft machte Neugierig auf die Kollektion des als Insider-Tipp gehandelte Labels: "Gegensätze ziehen sich an und mögen zu Harmonie und Balance führen." Doch die kleine Liebesgeschichte versprach vorab ebenso Drama, Stereotypen und Abenteuer – eine nicht ganz ferne Bezeichnung der Beziehung zwischen der in Moskau aufgewachsenen Victoria und dem Tim Burton-liebenden Tomas.
Zu harten Beats gab es die für das Label typischen Trenchcoat-Kreationen, diesmal mit Rauten-förmigen Rückenausschnitten, die ebenso typischen gestreiften oder karierten Blusenstoffe als lange Kleider, um die Hüfte gebunden, als Rüschen-Anhang, Volant-Säume, bauschige Ärmel oder als langgestreckter Hemden-Blouson mit fein gesmokten Querpartien. Der frisch-grüne Tango-Rock mit asymmetrischem Rockzipfel und ebenfalls gesmoktem Signature-Cut-out stand im angekündigten Kontrast zu den ganz schwarzen Outfits. Diese erschienen passend zum aufbrausenden Wind auf dem Laufsteg, waren allerdings dank verspielter, glitzeriger Zierknöpfe ihrer maskulinen Strenge beraubt. Der perfekt geschnittene Ledermantel – eine Spezialität des Hauses und leider zum Schrecken aller Vegan-Liebhaber – war mit einem Tunnelzug an der Taille und geometrischen Blockstreifen ausgestattet. Die teilweise halbtransparenten Riviera-Strickkleider in Rot oder Weiß-Blau waren doch sehr lieblich, ebenso wirkten die superlangen und superdünnen Strickschals wenig kokett für die gewollt-urbane Kollektion, die sich graduell von markant zu ausgesprochen sommerlich-leicht entwickelte.
Das Runway-Debut im offiziellen Kalender der Pariser Modewoche schien die sympathischen Designer jedenfalls nicht zu erschrecken, sie waren sogar einen Monat früher mit ihrer Arbeit fertig. Nach eigener Einschätzung kommen sie immer gut klar mit ihrem "Timing", alles läuft immer "easy" ab, wie Tomas nach der Show FashionNetwork.com verriet. Ihre Inspiration entnehmen sie generell nicht nur Paris (hier ist das Label ansässig), sondern auch New York, London & Co., "eben alles was ihnen über den Weg kommt", so Victoria. Sie ist die Schüchterne der beiden, er dagegen der etwas Vorlautere – wie im Programmtext auch schon beschrieben.

Auf die Frage, wie denn die pink-farbenen Peeptoe-Blockabsatz-Schuhe mit auffälligen weißen Schnürsenkeln (und hohem Must-have-Faktor beim Publikum) in das Konzept der Kollektion gepasst hätten, antworteten die beiden: "Es ist ein Mix aus clean und sporty." Aber sind sie nicht sehr Barbie-mäßig? "Nein, denn Pink ist sowohl girly als auch boyish."
Diese Aussage beschreibt denn dann am besten den Stil der Kollektion für Frühjahr/Sommer 2018, wobei die richtigen Knüller, die aufsässigen Kleider und die erhoffte Prise Überraschung der letzten Saisons gefehlt hatten.
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