Jean-Paul Leroy
17.07.2013
Who's Next: Weniger Franzosen, mehr Ausländer
Jean-Paul Leroy
17.07.2013
Weniger Besucher aus Frankreich, mehr aus Ausland. Das ist das Fazit, dass die Organisatoren der Who’s Next von der vom 6.-9. Juli durchgeführten Veranstaltung ziehen. Für WSN Développement ist das in gewisser Weise eine Befriedigung: Auch wenn dies schon fast wieder in Vergessenheit geraten ist, so hat WSN Développement nach der Übernahme von Prêt-à-Porter Paris die Messedaten vom September auf den Juli vorverlegt, um sich der Agenda der internationalen Einkäufer anzupassen. Im letzten Jahr fand die Who’s Next Ende Juni statt, was für die französischen Besucher einen riesigen Nachteil hatte: Die Veranstaltung fiel zeitlich mit dem Startschuss des französischen Sommerschlussverkaufs zusammen. Dies hatte einen starken Besucherrückgang unter den Franzosen zur Folge, mit 8,7 % weniger Eintritten. Im vergangenen Jahr vermochten die ausländischen Besucher diese Baisse nicht auszugleichen.
Auch in der diesjährigen Sommersession waren mit einem Rückgang von 7,5 % auf 27 872 Besucher erneut weniger Franzosen anwesend. Die Veranstalter verwiesen auf die schlechten Verkaufszahlen im Sommer, da dieser lange auf sich warten ließ. Laut Medienmitteilung von WSN haben es „die Händler offensichtlich bevorzugt, in ihren Läden zu bleiben, um den Sommerschlussverkauf zu gewährleisten“. Die Who’s Next stand jedenfalls unter einem vielversprechenden Stern, was die Verkaufszahlen betrifft!
Die Veranstalter verwiesen auch darauf, dass mit 14 124 Einkäufern aus Paris und Umgebung hier ein Plus zu verzeichnen war. WSN hatte jedoch vor einem Jahr noch 15 558 Besucher aus Paris und Umgebung gezählt.
Interessant ist der Wunsch einiger Aussteller, für die französische Kundschaft wieder zu den Septemberdaten zurückzufinden. Oder aber die Veranstaltung an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Als Modell könnte eventuell die Riviera by Mode City dienen. Diese wird von der Beachwear-Messe in Cannes am Ende der Sommersaison organisiert, um die Händler aus dem Süden anzuziehen, die im Juli an der Hauptmesse in Paris nicht anwesend sind.
Insgesamt verzeichnete die Who’s Next im Vergleich zum Vorjahr einen Besucherrückgang um 5,4 %. Zum Vergleich: Die Pitti Uomo verzeichnete ihrerseits eine Zunahme um 1,7 %, wobei die einheimischen Besucherzahlen stabil blieben und die Ausländer um 4 % zulegten. Die Premium in Berlin veröffentlicht keine genauen Besucherzahlen, doch hier und da wird von einem leichten Rückgang gesprochen. Bei der Bread & Butter wird der Rückgang möglicherweise sogar auf eine zweistellige Prozentzahl beziffert, doch Messechef Karl-Heinz Müller hält seine Statistiken auch geheim.
Spannender als die globale Entwicklung der Besucherzahlen ist jedoch deren Aufteilung. Dies insbesondere da die Veranstaltung im Vergleich zum Vorjahr um eine Woche verschoben wurde, um den Auftakt des Sommerschlussverkaufs zu umgehen.
Was die französischen Besucherzahlen angeht, hat dies der Who’s Next jedoch offensichtlich nichts gebracht. Einige Aussteller sprachen deshalb sogar davon, die Daten ungeachtet des Schlussverkaufs wieder um eine Woche vorzuverlegen, um vermehrt die ausländischen Besucher anzuziehen, die für die Fashion Week nach Paris reisen.
Ein genauerer Blick auf die Herkunftsländer der Besucher ist ebenfalls interessant. Die von WSN veröffentlichten Daten sprechen von einer Zunahme um 1,8 % in Europa (exkl. Frankreich). Mit 11 676 Besuchern bildeten die Europäer die größte Gruppe, die über 70 % der Ausländer ausmacht. An erster Stelle steht Italien mit 2672 Besuchern (+10 %). Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass diese Zahl Ende Juni 2012 um fast 20 % eingebrochen war. Mit 1710 Besuchern (+7,7 %) folgt an zweiter Stelle Spanien… das vor einem Jahr genau 7,7 % Besucher eingebüßt hatte. Aus Belgien kamen 1690 Besucher (+5,8 %), Großbritannien war mit 916 Besuchern vertreten (+9,8 %) und Deutschland mit 682 (+10 %).
Die asiatischen Länder machten 15,3 % der Besucher aus, verzeichneten mit 2548 Personen jedoch ein Minus von 7,7 %. Darunter waren 1532 Japaner, im Vergleich zu 1682 im Vorjahr. China wies mit 538 Besuchern einen Rückgang um 4,9 % auf.
Der amerikanische Kontinent fällt mit 6,9 % ins Gewicht. Mit 446 Besuchern wurde auch hier ein Rückgang um 3,9 % festgestellt.
Die größte Zuwachsrate der Saison konnte laut WSN der Nahe Osten vorweisen, mit einem sprunghaften Anstieg von +18,1 % auf 678 Besucher.
Die internationale Ausstrahlung der Who’s Next ist also in erster Linie auf Europa konzentriert, man könnte sogar sagen auf Südeuropa. In diesem Sinne ist auch die Zusammenarbeit zwischen den Messen von Kopenhagen und Paris in Form eines Einheitstickets zu verstehen. Ziel ist die bessere Durchmischung der europäischen Kundschaft.
Eines ist jedoch sicher, die Who’s Next konnte sich vor dem Hintergrund der Krise behaupten. Die Besetzung des Hauptgangs auf dem Messegelände an der Porte de Versailles wurde eigentlich von allen Seiten nur gelobt.
Nun müssen die Veranstalter noch weiter daran arbeiten, dass sich die Who’s Next als unumgängliche Messe behaupten kann. In der Pressemitteilung spricht WSN Développement denn auch von den kommenden Entwicklungen im Bereich Private, „dessen Ergebnisse bisher je nach Marken und Positionierung schwankten“.
Im Groben und Ganzen konnten sich sowohl im Bereich Fame, als auch Private insbesondere diejenigen Marken behaupten, die Basics zu angemessenen Preisen und wirklich herausragende Produkte für eine internationale Kundschaft anboten.
Besorgniserregend ist allenfalls der Bereich MR & MRS Brown. WSN Développement ist sich dessen durchaus bewusst: „Die Rückmeldungen [der Aussteller, Anm. d. Red.] sind durchzogen.“ Laut Veranstalter bedauern die Marken die Abwesenheit der französischen Besucher und das mangelnde Interesse der Einkäufer an innovativen Produkten.
Aus den Rückmeldungen der verschiedenen Akteure ist jedoch auch herauszuhören, dass es dem wahrhaft männlichen Angebot eindeutig an Repräsentativität mangelt. Wie kann ein Einkäufer im Bereich Männermode angesichts des eingeschränkten Angebots finden, was er sucht? Die Veranstalter der Who’s Next sind sich des Problems bewusst. Nun muss nur noch eine Lösung gefunden werden…
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