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16.10.2012
Übernahmeangebot: Finanzinvestor findet Douglas dufte
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16.10.2012
HAGEN (dpa-AFX) - Parfüm und Kosmetik gehören zu den beliebtesten Weihnachtsgeschenken der Deutschen. Davon profitiert nicht zuletzt Deutschlands größte Parfümeriekette Douglas, die zusammen mit ihrem gleichnamigen Mutterkonzern jetzt selbst vor einem Besitzerwechsel steht. Nach monatelangen Gerüchten kündigte der US-Finanzinvestor Advent am Montag ein milliardenschweres Übernahmeangebot für den Handelskonzern an. Im Schulterschluss mit der Gründerfamilie Kreke wollen die Amerikaner die Expansion der Parfümeriekette und des ebenfalls zum Konzern gehörenden Schmuckhändlers Christ vorantreiben. Das Geschäft mit Duftwässern liegt ohnehin von Jahr zu Jahr in immer weniger Händen. Auch mittelständische Unternehmen expandieren.
Nach Einschätzung des Bundesverbandes Parfümerien ist die Branche, zu der rund 850 Unternehmen mit 2.700 Fachgeschäften gehören, derzeit eine der erfolgreichsten des deutschen Einzelhandels. Die Branche wächst im dritten Jahr in Folge. Nach einem Umsatzplus von 4,3 Prozent im vergangenen Jahr wird 2012 ein Umsatzwachstum von 1 bis 2 Prozent erwartet. Gerade in Krisenzeiten sei der kleine Luxus gefragt, wie die gestiegene Nachfrage nach dekorativer Kosmetik zeige, schildert der Geschäftsführer des Verbandes, Elmar Keldenich. "Wenn sich eine Frau eine Tasche von Chanel nicht mehr leisten kann, kauft sich eben einen schönen Lippenstift", nennt er als Beispiel. Auch hochwertiges Make-Up sei trotz Preissteigerungen gefragt.
KRISENFESTER 'HAUCH VON LUXUS'
Filialexpansion und Übernahmen sind schon seit Jahren in der Parfümeriebranche zu beobachten. Mit 57 Prozent entfällt mehr als die Hälfte des Branchenumsatzes von 2,8 Milliarden Euro (2011) auf Ketten und Warenhäuser. 43 Prozent werden von inhabergeführten Unternehmen erzielt. Allerdings können die Mittelständler laut Keldenich durch Einkaufsgemeinschaften und die Bildung regionaler Ketten erfolgreich gegen die ganz Großen gegenhalten. Bei zahlreichen Mittelständlern, die früher ein bis zwei Fachgeschäfte betrieben, gehe die Tendenz zu mehr Filialen. "Die Zeit, in der große Filialisten über neue Filialen massiv und schnell wachsen konnten, ist vorbei", meint Keldenich. Der Konzentrationsprozess sei weit fortgeschritten. Dennoch sei der Marktanteil der Mittelständler in Deutschland höher als in anderen europäischen Ländern.
Ein "Hauch von Luxus" ist das Bild, das auch Douglas-Vorstandschef Henning Kreke in der Vergangenheit oft bemüht hat. Die rund 450 Douglas-Parfümerien in Deutschland und die mehr als 200 Christ- Juweliergeschäfte erweisen sich bislang als äußerst krisenfest. Zusammen stehen die "Perlen" für zwei Drittel des Gesamtumsatzes von Douglas in Höhe von 3,4 Milliarden Euro. Kein Wunder, dass Advent diesen beiden Sparten des Hagener Handelskonzerns sein Hauptaugenmerk widmen will. "Wir sehen Expansionspotenzial im In- und Ausland", betonte Advent-Geschäftsführer Ranjan Sen in einer Telefonkonferenz. Auch Übernahmen sind auf dem Wachstumskurs, der nun beschleunigt werden soll, nicht ausgeschlossen. Über Erfahrung im ansonsten eher schwierigen deutschen Einzelhandel verfügen die Amerikaner bereits durch eine zeitweise Beteiligung an dem Textilhändler Takko.
DSW: 'IN DOUGLAS SCHLUMMERT SEHR VIEL MEHR POTENZIAL'
"In Douglas schlummert sehr viel mehr Potenzial, als das, was man bislang gesehen hat", meint auch Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Es sei nachvollziehbar, dass Advent bei Douglas besonders auf Parfümerien und Juwelierläden schaut. Aber auch die Sanierung der Buchtochter Thalia dürfte nicht vernachlässigt werden. Tüngler ist sich sicher, dass bei dem Umbau noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist.
Thalia-Chef Michael Busch hatte in der vergangenen Woche auf der Frankfurter Buchmesse gesagt, die Neuausrichtung des Buchhändlers werde noch eine Weile in Anspruch nehmen. Das laufende Geschäftsjahr werde noch einmal Umsatzrückgänge aufweisen. Erst im darauffolgenden Jahr werde Thalia wieder an die Gewinnschwelle herankommen. 15 der rund 300 Thalia-Filialen müssten voraussichtlich geschlossen werden.
VERDI WILL EINSTIEG KRITISCH BEGLEITEN
Die Gewerkschaft Verdi kündigt an, den Finanzinvestor Advent bei einem Douglas-Einstieg kritisch zu begleiten. "Wir halten uns an das, was Advent gesagt hat, dass der US-Finanzinvestor hinter dem Restrukturierungskonzept für Thalia steht", sagte eine Verdi- Sprecherin in Berlin. Das Thalia-Konzept müsse mit ganzer Kraft vorangetrieben werden. "An diesem Anspruch werden wir sie messen."/she/vd/he
Von Simone Hett, dpa-AFX und Volker Danisch, dpa
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